Tag 18

Stara Sagova – Edirne: 128km; 5:51h im Sattel; 14-28 Grad, Nebel / Sonne
Hotelzimmer

Gegen fünf Uhr früh war die Temperatur im Zelt auf 1 Grad gefallen. Die Sonne am Morgen wärmte nur wenig, da bereits ein leichter Dunstschleier aufgezogen war.
Nach einem gemütlichen Frühstück vor dem Zelt packte ich das gerade eisfrei gewordene Zelt wieder ein und schwang mich aufs Rad.
Die ersten Stunden kurbelte ich auf einer eher monotonen Strecke entlang. Stellenweise ging die Sicht aufgrund dichten Nebels auf unter 50m zurück. Dichter Nebel – ein Graus für Brillenträger, da der Nebel auf der Brille kondensiert und die Sicht noch schlechter macht.
Mein Kopf war immer noch voll den Eindrücken der letzten beiden Tage. Da fiel es gar nicht groß auf, dass die Landschaft auf weiten Strecken nicht wirklich viel zu bieten hatte.
Als ich mal wieder auf eine Nebenstraße einbog, um dem Hauptverkehr zu entkommen wurde die Gegend auf einen Schlag immer ärmlicher. Die Dörfer bestanden teilweise nur noch aus baufälligen Hütten, Pferde grasten zwischen ausgeschlachteten Autos, auf den offenen Müllkippen wurde nach verwertbaren Dingen gesucht. Auf allem lag ein Gefühl der Resignation. Keinerlei Anzeichen von Aufschwung bzw. Neuanfang.
Pferdefuhrwerke waren wieder häufiger zu sehen. Am Straßenrand sammelten die Dorfbewohner Brennholz aus dem Unterholz und transportierten es mit allen möglichen Gefährten ins Dorf. Kinderwagen, Einkaufswagen, Fahrräder… alles was Räder hat und Platz für einen Schwung Brennholz wird verwendet.
Neben der bestehenden Bundesstraße 8 wird aktuell einen neue Schnellstraße gebaut. Die Baumaschinen reißen den Boden auf. Teilweise erschreckend, wie tief die Abfallschichten reichen.
Mein Ziel war es, heute noch Edirne zu erreichen. Leider wusste ich den ganzen Tag nicht wie weit ich noch von Edirne entfernt war. Schlussendlich sollte ich mich um 15km (zu meinen Gunsten) verschätzt haben.
Kurz vor der Grenze tauchten dann in allen Orten große Storchennester auf den Telefonmasten auf. Störche sah man leider keine, aber die sind jetzt im Winter ja vermutlich dort, wo es wärmer ist.
Die Grenze zur Türkei kündigte sich schon recht früh an. Am Seitenstreifen reihte sich eine schier endlos scheinende Schlange von LKW auf. Ganz entspannt konnte ich daran vorbeiradeln. Dei Grenzformalitäten fielen eher unmotiviert aus. Der Grenzer wollte kurz einen Blick in meine Packtaschen werfen, nachdem er aber gesehen hat, dass alles ziemlich eng verpackt war verließ ihn offensichtlich die Lust und er winkte mich durch.
So, nun also die Türkei… Abschied von den kyrillischen Buchstaben, die ich leider noch nicht perfekt beherrsche. Ich werde aber immer wieder mal Zeit zum üben haben.
Jetzt wird es Zeit, den Sprachführer auszupacken und mir ein paar Brocken Türkisch beizubringen.
Zu meiner Freude war das Etappenziel Edirne bereits nach kurzer Zeit erreicht. Im Hotelzimmer fand ich ausreichend Platz, das nasse Zelt zum Trocknen aufzustellen. Kurz die Klamotten mit Handwäsche wieder auf Vordermann gebracht und dann die wohlverdiente Dusche.
Der abschließende Spaziergang durch den Altstadtkern war wie ein Ausflug in eine neue Welt. Die engen Gassen waren überfüllt von Läden aller Art. Fleischer, Schneider, Schuster, Friseure, Bäcker, Imbisse, Restaurants etc. Ein Laden reiht sich an den nächsten und kaum einer ist größer als 10qm. Über dem ganzen Ort liegt ein angenehmer Duft von Speisen aller Art.
Bei Tageslicht besuchte ich noch die beiden größten Moscheen vor Ort. Staunend stand ich im Inneren und ließ den Raum auf mich wirken.
Nach Tagen Natur pur überwältigte mich das völlig neue Sprachengewirr und das vielfältige Angebot. Beeindruckt schlenderte ich durch die engen Gassen und ließ den Tag gemütlich ausklingen.
Vier volle Tage Bulgarien liegen hinter mir. Bulgarien hat sich mir von vielen Seiten gezeigt. Landschaftlich zählt die Etappe durch den Nationalpark zu einer der schönsten bisher.
In der Türkei werde ich mich um einiges länger aufhalten. Knapp 2000km Türkei liegen vor mir…