Tag 89 – 30.April

Sarakhs – irgendwo neben einem Kanal: 95km; 4:54h im Sattel; 24 – 36 Grad, Sonne
Camping

Von Sarakhs bis zur Grenze nach Turkmenistan waren es nur knapp 3km Fahrt. Das Hotel muss eine Goldgrube sein… Die Grenze schließt täglich um 18 Uhr und auf dem Weg zur Grenze ist es das einzige Hotel. Ausstattung und Service eher mau, dafür überraschend schnelles Internet. Was braucht man als Reisender mehr, als eine warme Dusche und gutes Internet…
Es ist immer wieder ein aufregendes Gefühl, vor einer unbekannten Grenze zu stehen. So wie es den Anschein macht, wird der Grenzübergang fast nur von iranischen und türkischen LKW-Fahrern benutzt. Vereinzelt gibt es aber auch ein paar Grenzgänger, die zu Fuß in Richtung Turkmenistan unterwegs sind. Wenn man mit seinem eigenen Auto in den Iran einreisen will, muss man ziemlich viel Pfandgeld hinterlegen, damit das Auto den Iran auch wieder verlässt. Aufgrund der hohen bürokratischen Auflagen sieht man praktisch keine ausländischen Fahrzeuge im Iran. Der sonst übliche grenznahe Verkehr fällt hier völlig weg.
Die Ausreise aus dem Iran ging noch relativ flott. Vor mir waren vier turkmenische Damen, die offenbar für den privaten Handel im Iran eingekauft hatten. Penibel wurden alle ihre Taschen kontrolliert. Offenbar hatte der Grenzbeamte aber nicht allzu viel Lust, alle meine Taschen zu kontrollieren und so gab er sich mit einer kurzen Stichprobe zufrieden. Nach gut einer Viertel Stunde war ich offiziell aus dem Iran ausgereist. Nun ging es über die Brücke in Richtung Turkmenistan, vorbei an einer endlos langen Schlange von LKWs. So flott wie im Iran ging es hier aber nicht mehr weiter. Sage und schreibe 2 Stunden verbrachte ich im Abfertigungshaus auf der Turkmenischen Seite. Irgendwann hatte ich aufgehört zu zählen, durch wie viele Hände mein Pass gegangen ist. Die meisten davon erfreuten sich aber primär an den Sicherheitsmerkmalen des Reisepasses. Irgendwann kam dann aber Bewegung in die Sache. Ich musste 12 Dollar für die Einreise bezahlen, ein paar Hotels nennen, in denen ich übernachten werde und dann wurde ich noch kurz vom Arzt befragt, ob eh alles in Ordnung sei. Schlussendlich kam der Stempel auf das Visum. Dafür, dass ich nur fünf Tage im Land bleiben darf, ist Turkmenistan relativ teuer… 55 Dollar fürs Visum und 12 Dollar für die Einreise. Immerhin gabs dafür eine Quittung.
Die Gruppe Turkmenen, die bereits auf iranischer Seite vor mir waren, mussten allesamt zur Leibesvisitation. Ihr Gepäck wurde aufs genaueste durchsucht. Sogar die Zigarettenschachteln wurden geöffnet und die einzelnen Zigaretten rausgeholt. So ausführliche Grenzkontrollen habe ich noch nie erlebt. Glücklicherweise blieben meine Taschen aber geschlossen. So groß schien das Interesse an meinem Hab und Gut dann doch nicht zu sein.
Während der langen Wartezeit hatte ich Gelegenheit, die Eigenheiten der turkmenischen Grenzpolizisten zu studieren. Nichts wird dem Zufall überlassen, alles wird kontrolliert. Da werden sogar die original verpackten Windeln zweimal durch den Scanner geschickt. Auch unter die Schuhsohlen wird geschaut…
Unter den LKW-Fahrern kennt man sich. Auch viele Grenzpolizisten scheinen die Fahrer persönlich zu kennen. Man scherzt miteinander, trotzdem wird jeder genau unter die Lupe genommen. Die Fahrer nehmen die Prozedur aber recht gelassen. Offenbar ist das für sie schon eher Alltag.
Kurz vor Mittag war ich dann endlich eingereist. Die Temperatur hatte die 30 Grad Marke schon überschritten und ich versuchte gleich noch ein paar Meter zu machen.
Die Straßenbedingungen waren wie erwartet relativ schlecht. Man übt sich im Slalomfahren und versucht, so gut es geht das Material zu schonen. Da ich davon ausgegangen bin, auf den nächsten 100km auf kein Geschäft mehr zu stoßen, habe ich ordentlich Wasser zugeladen. Die Extra Kilo machen sich zusätzlich bemerkbar. Das Rad wird immer träger, je schwerer es beladen ist. Heute konnte ich meine Neugierde aber nicht mehr zurückhalten und stellte mein Rad samt Gepäck auf die Waage im Abfertigungshaus. Fahrrad und ich sind fast gleich schwer… Mein fahrbarer Untersatz bringt immerhin 69kg auf die Waage!
Im ersten Ort nach der Grenze werde ich von zwei türkischen LKW-Fahrern zum Tee eingeladen. Eine gute Gelegenheit, im Schatten etwas Erholung zu finden. In der Gaststube läuft türkisches Fernsehen, man fühlt sich fast wieder zurückversetzt in die Zeit in der Türkei.
So langsam tauche ich ein in eine wüstenartige Umgebung. Im darauffolgenden Ort suche ich erneut einen Schattenplatz auf. Eigentlich wollte ich in Ruhe etwas essen, doch schon nach 15min bin ich umringt von 4 Halbstarken, die alle wild auf mich einreden. Sie bestehen darauf, dass ich mit ihnen ihr Bier teile. Vom Alter her hätte ich sie zwischen 12 und 14 geschätzt. Einer der vier holt dann aber mit dem Auto Nachschub. Offenbar waren sie doch etwas älter… Irgendwann wird mir die Sache zu turbulent und ich packe meine Sachen wieder zusammen. Am Ortsausgang laufen mir die ersten Dromedare über den Weg. Kein Zweifel, es steht Wüste bevor. Über zig-Kilometer verläuft die Straße schnurgerade und ohne Erhebung. Der Straßenbelag ist teilweise so schlecht, dass man auf den Kiesstreifen am Rand ausweichen muss. Die Schlaglöcher verlaufen stellenweise über die gesamte Straße und sind nicht selten mehr als 20cm tief.
Immer wieder sieht man Schildkröten und große Eidechsen am Straßenrand.
Ich hatte mich schon auf eine lange Wüstendurchquerung eingestellt, als auf einmal wieder Weizenfelder und Obstplantagen am Straßenrand auftauchten. Ich näherte mich einem größeren Fluss, der offenbar die gesamte Region mit ausreichend Wasser versorgt.
Blütenduft liegt in der Luft. Bevor ich von der Hauptstraße in Richtung Mar abbiege, gönnte ich mir noch ein Eis. Jedesmal, wenn ich in einer Siedlung anhalte sind innerhalb kürzester Zeit eine Handvoll Leute um mich herum. Neugierig wird versucht herauszufinden, was es mit diesem eigenartigen Touristen auf sich hat. In fast jedem männlichen Gesicht blitzt eine Reihe Goldzähne. Die Frauen sind größtenteils recht traditionell gekleidet. Viele Kinder laufen mit kahl geschorenem Kopf herum. Der starke asiatische Einschlag ist nicht mehr zu übersehen. Ich hätte mir nicht gedacht, dass sich das Aussehen der Leute innerhalb von nur weniger Kilometer so gravierend verändert.
Auf der Nebenstraße in Richtung Mary genieße ich die kühle Abendbriese. Da die Strecke für LKW gesperrt ist, war ich fast alleine und fand dann auch noch einen sehr idyllischen Zeltplatz.
Vor exakt einem Monat bin ich nun in den Iran eingereist. Auch heute gab es wieder eine sternenklare Nacht ohne Mond. Die Intensität mit der die Sterne leuchten ist immer wieder faszinieren. Außentemperatur um 22 Uhr immerhin noch 26 Grad…
Grillen und Frösche lärmten um die Wette, ein schweißtreibender Tag geht zu Ende. Das Abenteuer Turkmenistan hat nun begonnen.

Tag 90 – 01.Mai

Irgendwo am Bewässerungskanal – kurz vor Bayramaly: 132km; 6:21h im Sattel; 26 – 39 Grad, Sonne
Camping

Auf den ersten Kilometern war die Straße in katastrophalem Zustand. Ich hatte schon Sorge, dass diese Holperei die ganze Zeit so weitergehen wird, doch als ich wieder auf die Hauptstraße von Tedzehn in Richtung Mary einbog, besserte sich die Situation gleich wieder. Bis auf ein paar Ausreisser war der Belag sehr gut. Der Wind schien mich heute auch noch zu verschonen, einzig die Hitze machte ordentlich zu schaffen. Ich hatte versucht, heute etwas früher zu starten, und über Mittag der größten Hitze aus dem Weg zu gehen. Um 7 Uhr brachte das Thermometer aber schon beachtliche 26 Grad aufs Display… es schien ein heißer Tag zu werden. Glücklicherweise passierte ich zur Mittagszeit gerade ein Lokal, das von einigen Bäumen umgeben war. Eigentlich wollte ich mich ein wenig ausruhen, aber mit viel Ruhe war nichts. Ständig kam jemand vorbei und wollte meine ganze Geschichte wissen. Nachdem es relativ schwer ist, für Turkmenistan ein Touristenvisum zu bekommen, sind Individualtouristen doch noch eine Seltenheit. Im Laufe des Tages werde ich immer wieder von Leuten aufgehalten, die ein Foto von mir, oder mit mir machen wollen.
Der Verkehr hat nun deutlich abgenommen. Im Vergleich zum Iran sind auch nicht mehr so viele alte LKWs unterwegs, die Luftqualität ist nun dementsprechend besser. Wenn da nicht die Hitze wäre… Nachdem ich am frühen Nachmittag wieder aufgebrochen bin, fühle ich mich wie in einem Backofen. Der Asphalt heizt von unten her, die Sonne brennt im Nacken. Von Zeit zu Zeit liegen immer wieder mal halb volle Wasserflaschen am Straßenrand. Regelmäßig bleibe ich stehen und übergieße mich mit dem heißen Wasser. Für gut 10 Minuten erreicht man dann eine gute Kühlung, danach sind die Klamotten wieder trocken. Gottseidank hatte ich ausreichend zum Trinken eingepackt. Ständig musste ich meine Trinkflasche wieder auffüllen. Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal so viel getrunken habe.
Ich bin froh, über die Wasserspenden, die ich hie und da von Leuten bekomme, die ein Foto von mir machen. Ohne diese zusätzlichen Liter wäre es heute vermutlich knapp geworden.
Als ich am späten Nachmittag Mary erreiche, bin ich irgendwie schon viel zu sehr im monotonen Strampelrythmus, als dass ich mich lange in der Stadt aufhalten möchte. Ein irrsinniger Kontrast zu allem, was ich bisher gesehen habe. Plötzlich gibt es gigantomanische Prunkbauten und sogar eine Pferderennbahn. Was die Leute davon halten, die meist nicht unbedingt zu den Bestverdienenden gehören, ist mir ein Rätsel.
Ein paar Kilometer lege ich noch drauf, doch dann ist Schluss. Ein bisschen Wasser ist noch übrig, sodass sich sogar noch Schweiß und Staub des heutigen Tages abwaschen lassen. Eine Wohltat nach einem so schweißtreibendem Tag. Dank der Anti-Mücken-Tinktur kann ich sogar noch Abends vor dem Zelt sitzen und den Sternenhimmel bewundern. Um 22 Uhr immer noch 28 Grad… na das kann ja heiter werden für morgen.

Tag 91 – 02.Mai

Kurz vor Bayramaly – kurz hinter Ukajy: 123km; 6:33h im Sattel; 26 – 42 Grad, Sonne
Camping

An die hohen Temperaturen hier in der Gegend kann man sich nur sehr schwer gewöhnen. Bereits morgens um 7 hat es 26 Grad. Der so gefürchtete Wind bleibt momentan noch aus und so radle ich ganz entspannt bis kurz vor den Ortsausgang von Bayramaly. Ich stocke meine Lebensmittelvorräte wieder mal auf und komme bei der Gelegenheit mit einem etwa 12 jährigen Jungen ins Gespräch. Er spricht ausserordentlich gut Englisch, kommt daher, dass er in eine spezielle Schule für Sprachen geht. Sein Vater betreibt den Lebensmittelladen und will offenbar für seinen Sohn alles für die Zukunft bereitstellen. Als ich erzähle, dass ich Architekt bin, fallen mir beide gleich ins Wort und meinen, ich solle unbedingt am Ortsausgang links, statt rechts abbiegen und das Mausoleum vom Sultan anschauen. Ich erinnerte mich daran, dass auf der Karte was von den Ruinen der Stadt Merw gestanden ist. Und tatsächlich – nur ein paar Kilometer hinter Bayramaly liegt ein gigantisch großes Areal, das die ehemaligen Stadtmauern von Merw und einige gewaltige Paläste und Mausoleen umfasst. Erstaunlich, dass Lehmarchitektur aus dem 6. – 15. Jahrhundert so lange erhalten bleiben kann. Verständlich auch, dass es auf der Unesco Weltkulturerbe Liste steht. Wenn man nicht achtgibt, bröselt so ein Komplex einfach vor sich hin. Als ich das große Mausoleum anschauen will, werde ich plötzlich nach einem Ticket und der Erlaubnis für die Kamera gefragt. Alles in allem sollte das 15 Manat kosten, ich habe aber für Turkmenistan sehr knapp kalkuliert und besitze nur noch 8 (ca. 2 Euro), und das sollte noch bis Türkmenamad reichen. Anschauen darf ich das Mausoleum noch, die Kamera bleibt draussen und danach muss ich das Gelände leider verlassen. Für mich erstaunlich, dass so ein besonderer Ort keinen einzigen Wegweiser verdient. Aber mit den Wegweisern, oder auch Straßenschildern ist es nicht weit her. Von Sarakhs bis Mary ist mir kein einziges Hinweisschild aufgefallen. Erst in Mary war der erste Wegweise zu finden.
Nun gut, ausgestattet mit genug Wasser und Essensvorräten geht es nun wieder auf in die Wüste. So abrupt die Besiedelung rund um Mary begonnen hat, so abrupt endet sie auch wieder. Binnen kürzester Zeit bin ich wieder völlig alleine, einzig ein paar Lastwagen und hie und da ein PKW durchbrechen die Stille.
Die Hitze wird immer unerträglicher. Gegen Mittag finde ich bei einer Zufahrt zu einem Bauernhof einen Baum, der genug Schatten spendet. Die Sonne steht ziemlich hoch, daher bedarf es eines ordentlichen Baumes, um auch genug Schatten zu erhaschen. Die Morgenetappe hat mich so geschafft, dass ich während ich mein Brot kaue einfach einschlafe. Gut eine Stunde später gehts dann aber wieder mit neuen Kräften weiter. Die Wasservorräte werden langsam weniger. Ich mache mir schon Gedanken, wo ich wieder Wasser bekomme. Als ich mal wieder von zwei Verkehrspolizisten freundlich gestoppt werde, gibts ein paar Schalen Wasser in ihrem Unterstand. Einer der beiden will unbedingt mit meiner Kamera ein Foto von mir und seinem Kollegen machen, doch der wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen. Schlussendlich kontrolliert er auch noch, ob ich auch wirklich alle Bilder gelöscht habe. Von seinem Kollegen bekomme ich dafür aber kurz vor Weiterfahrt noch 1,5L Cola zugesteckt.
Vermutlich in Ravina (so genau lässt sich das nie sagen, weil es keine Ortstafeln gibt) taucht eine Tankstelle und ein Restaurant auf. Hier gibt es den lange ersehnten Wassernachschub. Nach einem kurzen Stop im Schatten gehts dann aber auch gleich wieder weiter. Obwohl das Transitvisum für Turkmenistan 5 Tage gilt, möchte ich in 4 Tagen in Turkmenabad sein, um am fünften Tag morgens ausreisen zu können. Demnach stehen noch ein paar Kilometer an.
In Ucajy passiere ich ein Hotel und einen Supermarkt, bin kurz am überlegen, ob ich mir eine Dusche gönnen sollte, entscheide mich dann aber dagegen und rolle weiter in Richtung Nordost. Am Ortsausgang mal wieder ein kurzer Plausch mit den Verkehrspolizisten. Kurz bevor ich mir einen Zeltplatz hinter den Dünen suche, gibts von einem LKW Fahrer noch einen Liter kaltes Cola und direkt danach von einem Autofahrer noch einen Liter Wasser. Juche! Jetzt ist sogar noch ein bisschen Waschen drin… Was kann es schöneres geben? Zum ersten Mal stelle ich mein Zelt im Sand auf. Wenn nicht so viele Käfer rumlaufen würden, wäre es perfekt zum draussen schlafen. Zwecks der ungestörten Nachtruhe ziehe ich dann aber doch das Zelt vor.

Tag 92 – 3.Mai

kurz hinter Ukajy – kurz hinter Turkmenabad: 146km; 7:37h im Sattel; 24 – 42 Grad, Sonne
Camping

Pünktlich zum Sonnenaufgang krieche ich aus dem Zelt. In den frühen Morgenstunden sind die Temperaturen noch sehr erträglich. Nach einer Stunde bin ich dann soweit und es geht wieder los. Am Morgen habe ich festgestellt, dass meine Wasservorräte gar nicht mehr so groß sind. Auf der Karte scheint es für längere Zeit keine Siedlung mehr zu geben. Nun gut, ich versuche ein bisschen zu haushalten. Gerade in der Früh ist es eh noch nicht so heiß, da kommt man auch mit etwas weniger Wasser aus. Ständig kreisen die Gedanken ums Trinken. Auf meiner Karte ist auf den kommenden 100km kein einziges Dorf eingezeichnet. Ich vertraue aber darauf, dass es doch mal wieder eine kleine Siedlung geben wird. Und schließlich taucht nach 40km dann auch Peski, ein kleines Dorf an der Bahnstrecke, auf. Ein Supermarkt ist aber nicht wirklich auszumachen. Ich frage einfach mal nach und bekomme freundlicherweise frisches Wasser aus dem hauseigenen Reservoir. Ich bin froh, meine leeren Wasserflaschen noch nicht entsorgt zu haben, so kann ich diese wieder auffüllen lassen. Die Leute im Ort wirken auf den ersten Eindruck recht schüchtern und zurückhaltend, doch auf mein freundliches Grüßen wird stets lächelnd zurückgegrüßt. Ein gutes Gefühl, jetzt wieder 4 Liter Wasser mehr getankt zu haben.
Ein Blick auf die Karte verrät mir, dass es noch immer 100km bis Turkmenabad sind. Nachdem ich diesmal aber recht früh gestartet bin, sollte das schon noch klappen. Da kann auch der immer stärker werdende Wind nicht viel dagegen anrichten.
Hin und wieder verwünsche ich die Wüste und die schlechten Straßen. Stellenweise wird das Rad so durchgeschüttelt, dass ich mir ernsthaft Sorgen mache, dass auch alles hält. Die Hitze, der Wind, diese endlose Weite, das monotone Pedalieren… teilweise wirklich mühsam, doch dann gibt es immer wieder Momente, an denen man nur staunend um sich blickt und die Umgebung aufsaugt. Am meisten fasziniert mich ja, dass es vielerorts so angenehm süßlich duftet. Ich bin leider immer noch nicht dahinter gekommen, um welchen Baum / Strauch es sich handelt, aber der Geruch ist so angenehm, dass man für ein paar Minuten die Strapazen direkt vergisst.
Als ich kurz vor Mittag (etwa 60km von Ukajy entfernt) von der Ferne eine Raststation erblicke, muss ich nicht lange überlegen und biege gleich mal rechts ab. Für 7 Manat erstehe ich 5L Wasser und einen Liter eiskalte Cola. Jetzt bleibt mir noch 1 Manat (ca. 25cent) bis zur Grenze…
Im Schatten der Raststation packe ich meine Sachen zum Mittagessen aus. Zwei LKW Fahrer wechseln gerade einen Reifen und drängen mir förmlich ihren Gaskocher auf. Wir plaudern ein wenig und schließlich gibt es sogar noch ein gekühltes Bier als Draufgabe. Damit hatte ich heute wirklich nicht mehr gerechnet. Ich muss schon sagen, die Kontakte mit der turkmenischen Bevölkerung sind stets sehr herzlich und in ihrer Art irgendwie auch großzügig.
Gestärkt und gut erholt geht es auf in Runde zwei… Der Wind frischt ein wenig auf, die Landschaft ändert sich nicht groß. Sand, Stäucher, Sand, Sträucher… Ich habe meine Augen größtenteils auf den Fahrbahnrand gerichtet. Da tut sich noch am allermeisten. Zeugnisse von größeren Autounfällen, diverser Plastikmüll und natürlich haufenweise zerschlissene Reifen. Die LKWs fahren ihre Reifen meist so lange, bis sie von der Felge fallen. Offenbar lösen sich die Reifen dann aber nach ein paar Jahren praktisch vollständig auf. Zurück bleibt nur das Metallgewebe. Bei den hohen Temperaturen entzünden sich die Reifen im Sand teilweise selbst und den Rest erledigt dann der Wind und die Sonne.
Ein paar Erdmännchen und ziemlich viele Vögel flüchten immer wieder wenn ich mich ihnen nähere. Die großen Eidechsen / Geckos sieht man meist nur sehr kurz, weil die wirklich sehr flott sind.
Ein paar mal fahre ich auch an den Überresten von Dromedaren vorbei. So wie es den Anschein macht wohl eher Unfallopfer, als verdurstet… Bei 42 Grad und brennender Sonne kommt einem aber schon mal der Gedanke, dass auch ein Dromedar in der Wüste verdursten könnte.
Und plötzlich ist die Wüstendurchquerung dann vorbei. Wie mit dem Lineal gezogen beginnt auf einmal Turkmenabad… Auf einmal sieht man viele Leute auf der Straße, die an der Bepflanzung der Hauptallee arbeiten oder die Straßen fegen. Es ist kurz nach 16 Uhr, im Schatten hat es immer noch 37 Grad und ich gönne mir meine letzte Pause für heute. Ein eigenartiges Gefühl, nach zwei ganzen Tagen mit praktisch nichts als Sand und Gestrüpp plötzlich wieder Leute zu sehen. Kurz bevor ich die Stadt wieder verlasse, versuche ich noch, ob ich in einem kleinen Laden mit harter US Währung was zum Essen bekommen. Gleich auf Anhieb habe ich Glück, allerdings muss ich die druckfrischen Scheine aus den Seitentaschen holen. Ähnlich, wie auf dem Konsulat akzeptiert man hier nur praktisch ungebrauchte Scheine. Aber immerhin, für den offiziellen Wechselkurs kann ich nochmal ordentlich einkaufen. Für heute Abend kann also wieder groß aufgekocht werden. Zur Feier des Tages ist auch sogar noch ein Eis drin.
Direkt nach Turkmenabad geht es über einen größeren Fluss. Zu meiner Linken entdecke ich aber noch einen See, an dem ein paar Jungs baden. Nach drei Tagen Schweiß ohne Ende scheint ein Bad im See sehr verlockend. Aber erst mal frage ich bei den Fischern am anderen Ufer nach, ob ich vielleicht auch mein Zelt hier aufstellen kann. Der Platz schein perfekt zu sein. Zu meiner Verwunderung äußert niemand Bedenken und schon steht das Zelt… Das Bad im See war ein Traum! So frisch habe ich mich nach einem Tag auf dem Rad schon lange nicht mehr gefühlt.
Das Abendteuer Turkmenistan schein nun vorüber zu sein. Morgen geht es über die Grenze nach Uzbekistan… Leider bekommt man in 4 Tagen nur einen sehr beschränkten Einblick von Land und Leuten. Vor allem vom Leben in der Stadt bekommt man nur sehr wenig mit. Für die klassischen Transitradler gibt es praktisch nur Wüste zu sehen. So wie mir die Leute aber begegnet sind, könnte das Land durchaus interessant zu bereisen sein. Die Offenheit und Freude Touristen gegenüber wirkt jedenfalls sehr einladend.
Gerade das dauernde Haushalten mit dem Wasser, die oft sehr schlechten Straßen, die starke Hitze und der konstante Gegenwind (für mich gottseidank nur 1 1/2 Tage lang) hatten die letzten Tage geprägt. Bleiben werden aber auch sehr angenehme Erinnerungen an die Leute, die mir immer wieder mit ihren strahlenden Goldzähnen ein Lächeln schenkten.