Tag 9

Belgrad – Kajtasovo; 102km; 5:03h im Sattel; 16-19 Grad
Camping

Der Start in Belgrad verzögerte sich heute ein klein wenig. Mit Aleksander ging ich noch – typisch Balkan – einen Burek frühstücken. Ideales Radlerfrühstück. Kalorien ohne Ende…
Kurz nach 10 kam ich dann schließlich los. Ein frühlingshafter Wind begleitete mich aus der Stadt. Der Winter ist jetzt offensichtlich vorbei. Da kann ich ja von Glück reden. Es hätten auch -10 Grad und 1m Schnee sein können. Nachdem ich auf die linke Donauseite übergesetzt hatte, versuchte ich mein Glück erneut mit dem Euro Velo 6. Doch schon nach gut 800m legte es mich beinahe wieder hin. Diesmal nicht wegen Glatteis, sondern wegen Schlamm. Der Radweg verläuft auf einem Damm neben den Donauauen und dieser ist leider nicht befestigt. Schweres Gepäck und aufgeweichter Lehmboden… binnen Sekunden war das Rad zum Stillstand gebracht. Es brauchte ca. 15 min. bis das Rad wieder fahrbereit war. Dicke Lehmbrocken blockierten die Räder zur Gänze.
Einziger Ausweg war, die nächsten 15km auf der mit Betonplatten ausgelegten Dammwand zu fahren. Die Neigung war Gottseidank nie zu stark. Bei der ersten Gelegenheit suchte ich aber mein Glück wieder auf der Bundesstraße. Dort war der vormittägliche Ärger dann auch schnell wieder vergessen. Temperaturen um 20 Grad und strahlender Sonnenschein machten Lust auf mehr.
Leider zog es am Nachmittag zu. Da wurde mir erst klar, dass ja für heute eigentlich Regen vorhergesagt war…
Ich versuchte noch einige Kilometer zu machen. Der Belag war stellenweise traumhaft glatt, sodass die Kilometer nur so dahinschmolzen. Irgendwann sollte aber auch dieser Tag zu Ende gehen. Die heutige Etappe war die erste, die ich ganz ohne Plan in Angriff genommen hatte. Somit auch keine Idee, wo aufhören…
Nachdem es langsam zu regnen anfing beschloss ich bei der nächstbesten Gelegenheit nach einem Zimmer Ausschau zu halten. Das darauffolgende Dorf bestand aber nur aus einer Handvoll Bauerndörfer. Am Dorfausgang befand sich der Überrest einer Landwirtschaftlichen Anlage. Dort beschloss ich schlussendlich mein Zelt aufzuschlagen. Es sollte ein idealer Zeltplatz werden. Nicht einsichtig von der Straße, nahezu ebener Boden und weit genug weg von den Dorfhunden.

Tag 10

Kajtasovo – Golubac; 57km; 2:52h im Sattel; 16 Grad
Hotel

Circa die Hälfte der Nacht regnete es wie in Strömen. Als der Regen nachgelassen hatte setzte ein Sturm ein, dass ich mir kurz Sorgen machte, ob das Zelt mit den sparsam gesetzten 2 Heringen auch stehenbleibt…
Gegen Früh sanken die Temperaturen dann auch noch spürbar. Morgentemperatur im Zelt 4 Grad, Draussen etwa Null Grad. Die Zelthaus mit Eis überzogen, der Schlafsack vom Kondensat nass… Die Sonne ging gerade auf und es zeichnete sich wieder ein warmer Tag ab. Also alles in die Sonne und in der Zwischenzeit gemütlich Tee gekocht. Auf Zelten war ich heute eigentlich nicht eingestellt, daher gab es nur Miso-Suppe zum Frühstück.
Kurz nach 9 konnte ich das Zelt schlussendlich wieder einpacken. Nach gut einer Stunde Fahrt erreichte ich dann auch schon die Fähre, die mich auf das rechte Donauufer zurückbringen sollte. Fährzeiten im Winter: 9/12/15 Uhr. Also 2 Stunden warten. Mit Cevapi, Pommes und Bier verging die Zeit wie im Flug.
Am anderen Ufer angekommen ging´s nun Richtung Eisernes Tor. Die Landschaft wandelt sich zusehends. Sanfte Hügel und vereinzelte Wälder bestimmen nun das Landschaftsbild. Auch die Architektur verändert sich. Klar zu sehen ist, dass der österreichische / ungarische nur bis nach Belgrad reichte. Von den teilweise reich verzierten Bauernhäuser aus der Jahrhundertwende ist jetzt nirgendwo mehr etwas zu sehen.
Der Verkehr nimmt auch zusehend ab. Nun bin ich offensichtlich weit genug entfernt von den großen Transitstrecken.
Größtes Erfolgserlebnis für heute… nach mehr als 800km habe ich es nun endlich geschafft, den Spiegel am Lenker so zu positionieren, dass ich wirklich erkennen kann, ob – und was – von hinten kommt. Endlich kann man auch völlig entspannt in der Mitte der Fahrbahn pedallieren.
Die Donau weitet sich zunehmend aus. In der Ferne ist deutlich eine Hügelkette zu erkennen durch die die Donau irgendwo durch muss. Ich fühle mich ein wenig schlecht vorbereitet, weil ich nicht wirklich weiß, was die nächsten 150km so kommt. Von vielen Seiten habe ich gehört, dass das Eiserne Tor zu den Highlights der Strecke gehören soll. Auf der Karte beginnt der Durchbruch durch die Hügelkette in wenigen Kilometern. Was aber genau erwartet mich?
Meinem inneren Gefühl folgend biege ich in Golubac beim ersten Hinweisschild auf Zimmer links ab und finde mich kurz darauf in einem völlig überheizten Hotelzimmer wieder.
Die Radlklamotten freuen sich mal wieder über eine Generalreinigung. Auch ich gönne mir den Luxus einer warmen Dusche.
Anschließend Flanieren am Donaukai. Man fühlt sich wie am Meer. Naja, vielleicht eher wie am Gardasee. Das gegenüberliegende Ufer ist kilometerweit entfernt. Nur einzelne Lichtpunkte deuten auf Häuser hin. Die Wellen schlagen ans Ufer, Fischer bringen die Netze ein… Ein perfekter Ort, um nach vielen hundert Kilometern wieder zur Ruhe zu kommen.