Tag 304 – 308 | 30.November – 04.Dezember

Taubing – 5 Ruhetage; bisher geradelt: 22.232km; 1099:33h im Sattel
Homestay

Heimkommen, Ankommen, Zurückkommen… auch wenn Taubing an sich der letzte Meilenstein vor dem eigentlichen Ende meiner langen Reise ist, fühlt es sich jetzt schon fast so an, als ob die Reise hier zu Ende geht. Bis nach Wien sind es noch drei Tagesetappen, doch hier in Taubing, dem Ort an dem ich aufgewachsen bin, verweile ich erst einmal ein paar Tage und komme schon mal ein wenig an.
Die Zeit vergeht wie im Flug, obwohl ich mich zum ersten Mal an meinen Ruhetagen praktisch nicht vom Fleck rühre. Schon am ersten Tag gibt es ein Großaufgebot von Familie, Freunden und Bekannten, die mich wieder in der Heimat begrüßen und selbstverständlich viel wissen wollen. Ich bin froh, während meiner Reise den Blog geführt zu haben, denn dadurch sind die Meisten über einen Großteil meiner Reise bereits bestens informiert. Die Frage “…und, wie wars?” stellt sich also kaum. Auch wenn sich viele Fragen wiederholen beantworte ich sie gerne und freue mich einfach, wieder zuhause zu sein. Ich werde verwöhnt mit köstlichem Essen, viel Kuchen und den ersten Keksen – Weihnachten steht schon vor der Tür, es ist bereits der erste Advent. Viel über das Erlebte zu reden ist eine gute Gelegenheit, selbst auch noch einmal darüber nachzudenken, was eigentlich passiert ist. Gerade die letzten Wochen sind ziemlich schnell vergangen und lange Fahrradtage haben oft den Kopf ziemlich leergespült. Es ist schön, immer wieder Erlebnisse, die bereits viele Monate zurückliegen, wieder auszugraben und mit den Besuchern zu teilen. Immer wieder fällt die Frage, was mit all dem Geschriebenen passieren soll, ob es eine Zusammenfassung in Buchform geben wird, oder ob man sich auf einen kleinen Vortrag freuen kann… Nach meiner Ankunft werde ich mir darüber einmal den Kopf zerbrechen und überlegen, wie es mit den Erzählungen weitergehen wird. So langsam habe ich mich ja schon regelrecht daran gewöhnt, jeden Tag ein bisschen von dem zu berichten, was ich unterwegs erlebt habe. Fürs Erste freue ich mich aber einmal darauf, selbst in meinen Gedanken wieder zu schmökern, nachdem ich meine Einträge unterwegs nie gegengelesen habe, weiß ich ja eigentlich gar nicht, was nun wirklich auf dem Papier steht…
Immer wieder muss ich mich darüber wundern, wie gewohnt alles um mich herum nun wieder wirkt. Ich habe in fast keinem Moment das Gefühl lange weg gewesen zu sein. Mag sein, dass es auch damit zusammenhängt, dass ich zuletzt zu einer ähnlichen Zeit zuhause war und nun die Umgebung nahezu unverändert erscheint. Im Grunde ist es aber ziemlich angenehm, sich gleich wieder wie zuhause zu fühlen. Nicht viel hat sich verändert, die Heimat ist doch noch eine Konstante geblieben. Auch ein kurzer abendlicher Rundgang durch Passau, die nahe gelegene Stadt, zeigt, dass sich in einem Jahr Abwesenheit nicht viel verändert. Ein paar neue Geschäfte oder Lokale gibt es nun, aber das war es auch schon gewesen. Unterbewusst hatte ich mich vielleicht auf eine weit längere Rückgewöhnungsphase eingestellt.
Jetzt, nachdem das Rad schon ein paar Tage in der elterlichen Garage steht kommen mir die vergangenen Monate schon fast unrealistisch vor. Das zehnte Monat meiner Reise ist nun vorüber und die 20.000km Marke ist auch schon deutlich überschritten worden. Immer noch habe ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung, dass ich wirklich aus eigener Kraft den Eurasischen Kontinent fast bis zum östlichen Ende befahren habe und einen großen Teil davon sogar auch noch auf dem Rückweg erfahren habe. An sich ist es nun an der Reihe meiner Familie und meiner Freunde zu urteilen, ob ich mich in den letzten Monaten verändert habe. Eine derartige Reise bewirkt sicherlich irgendeine Art von Veränderung, auch wenn ich diese im Moment noch nicht deutlich feststellen kann. Ohne Zweifel hat sich mein Horizont um Welten erweitert. Durch meine Berichte von unterwegs hat sich aber auch für viele zuhause das Weltbild ein klein wenig verändert und über ein bisschen Wissenszuwachs dürfen sich auch die Meisten freuen. So hat dann doch auch jeder ein bisschen von dieser Reise profitieren können.
Wieder zurück im heimatlichen Bayern kann man nun endlich wieder so reden, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Ich hätte mir nie gedacht, dass mir das Sprechen in der Muttersprache derart stark fehlen würde.
Einmal noch gönne ich meinem Rad eine gründliche Reinigung – die Letzte liegt nun doch schon weit zurück. Meines Wissens nach war das noch in China, kurz bevor ich nach Korea eingereist bin, also wirklich höchste Zeit… Weit ist es jetzt ja nicht mehr bis nach Wien, aber der Antrieb macht teilweise schon verdächtige Geräusche und die Zähne des Kettenblattes sind nun wirklich schon ziemlich dünn. Erstaunlich, wie gut sich das Profil der Reifen gehalten hat und der letzte platte Reife liegt auch schon weit zurück.
Für die letzten drei Tage bekomme ich noch einmal Zuwachs. Aus Wien kommen mich Horst und Michl besuchen und begleiten mich dorthin, wo alles seinen Anfang nahm. Überraschenderweise schließt sich uns nun auch noch Tyson an, mit dem ich in Uzbekistan und Tajikistan schon einige Tage gemeinsam geradelt bin. Vor gut einem Jahr hatten wir uns zum ersten Mal getroffen. Ich war auf dem Rückweg meiner Probetour von Taubing nach Wien, um noch einmal alles am neuen Rad zu prüfen und Tyson war bereits auf dem Weg in Richtung Thailand. In Wien verbrachten wir einige Tage gemeinsam und später führten unsere Wege in Georgien schon wieder zusammen. Von Belgien aus kommt er mich nun besuchen und wird mit uns gemeinsam das Mühlviertel erkunden. Dazu muss ich noch eine nette Route auswählen, die uns auf gemütlichen Wegen bis nach Wien führt. Im Moment macht mir gefrierender Nebel und gefährlicher Eisbruch im Mühlviertel ein wenig Kopfzerbrechen, doch ich hoffe, dass bis zu unserer Abfahrt sich alles zum Guten wenden wird.
Die letzten Kilometer werden uns von Bayern aus nach Tschechien, an den Moldaustausee führen und anschließend weiter Österreich, ins Mühlviertel. Über Liebenau, den höchsten Pass des Mühlviertels gehts dann weiter in Richtung Zwettl und schließlich hinab ins Donautal nach Krems. Von dort aus ist es dann nur noch ein Katzensprung bis nach Wien. Eine freudige Überraschung, dass es auf den letzten Kilometern dann doch noch Begleitung gibt. Zuletzt bin ich in Kirgistan in Begleitung unterwegs gewesen, doch das liegt nun ja schon wirklich lange zurück.
Voller Vorfreude sehe ich nun schon den letzten drei Tagesetappen entgegen. Am meisten freue ich mich wohl aber über das Wiedersehen mit den Freunden in Wien. Mit etwas Glück entkommen wir noch dem Winterbeginn, doch auch wenn es zu schneien beginnen sollte, wird mich das nicht davon abhalten am Sonntag Nachmittag in Wien einzurollen.
Mitreisende sind immer noch herzlich willkommen. Am Sonntag, 07.Dezember gehts von Krems aus nach Wien, dort wird dann noch eine Ehrenrunde um den Ring gedreht und dann ist erst mal Schluss mit dem langen Radeln… Wer sich unserer Runde anschließen will kann mich auch gerne telefonisch von unterwegs kontaktieren (0043 6998118172).
Am Abend wird dann noch auf die Rückkehr angestoßen, dazu werden wir uns im altbewährten Futuregarden einfinden und Montag ist ja Feiertag, also steht einer ausgedehnten Feier nichts im Weg!