Tag 109 – 20.Mai

Dushanbe – kurz vor Sicharob: 110km; 5:28h im Sattel; 18 – 32 Grad, wechselhaft
Camping

Überraschenderweise hatten sich Tyson und Hanne heute Früh dazu entschieden, noch einen Tag länger in Dushanbe zu bleiben. Demnach geht es für mich ab heute wieder alleine weiter. Die Abfahrt verzögerte sich noch ein wenig, weil erst der Vorderreifen geflickt werden musste. Der Schlauch war offenbar vom zuvor verwendeten Felgenband noch in Mitleidenschaft gezogen gewesen. Immerhin hatte ich mir einen Vorrat an Flicken angelegt…
Kurz vor Mittag waren wir dann alle zusammen beim OVIR Office und holten unsere Permits für das Pamir Gebiet ab. Für mich hieß es dann wieder einmal Abschied nehmen. Bei strahlendem Sonnenschein pedalierte ich gemütlich aus der Stadt. Es war ein etwas ungewohntes Gefühl mit dem voll beladenen Rad zu fahren. Die letzten beiden Tage war ich völlig ohne Gepäck unterwegs und nun hat man wieder das Gefühl, kaum vom Fleck zu kommen. Die Balance muss erst wieder gefunden werden. In der Regel dauert es einen Tag, bis man wieder voll und ganz mit dem schwer beladenen Rad im Einklang steht. Demnach kommt es mir nur zugute, dass die erste Tagesetappe relativ flach und auf einer sehr guten Straße verläuft.
Das gewohnte Hupkonzert der vorbeifahrenden Autos nahm interessanterweise heute konstant ab. Je weiter ich mich von Dushanbe entfernte, desto seltener wurde gehupt. Die Leute am Straßenrand grüßen weiterhin noch sehr eifrig. Über die Ruhe, die nun auf der Landstraße einkehrt will ich mich aber gar nicht beklagen. Es bleibt so mehr Zeit, die sich langsam verändernde Landschaft zu genießen. Überall grüne Wiesen, viele Bäume und wenig Zivilisation. Die Berge rücken immer näher. Links und rechts der Straße sieht man schon die ersten 3000er Gipfel. Bei Vahdat hatte sich die Straße in drei Richtungen geteilt. Ich bleibe auf der M41 in Richtung Osten. Zu meiner Rechten ein gewaltiges Flussbett, das offenbar bei Schneeschmelze gigantische Wassermassen aufnehmen kann. Langsam steigt die Straße ein wenig an. Hinter mir brauen sich nach und nach immer dunklere Wolken zusammen. Der Wind scheint mir heute aber wohl gesonnen zu sein. Die Wolken werden ins Nachbartal abgetrieben. In der Ferne hört man schon den Donner, doch auf meiner Seite ist alles trocken. Es geht hinauf bis auf über 1700m. Die Sonne war schon länger nicht mehr zu sehen und die Temperaturen bewegen sich nur noch um 20 Grad. In den kurzen Radelklamotten wird es einem fast schon etwas kühl…
Die Abfahrt nach dem ersten Anstieg ist beeindruckend. Die Straße folgt einem Gebirgsfluss, der sich tief ins Gestein hineingefressen hat. Immer wieder sieht man Autowracks im Flussbett liegen. Eine Leitplanke findet man auf dieser Strecke nur sehr selten, da kann es durchaus mal passieren, dass man eine Kurve übersieht und sich 50m tiefer im Fluss wiederfindet…
Die Schneereste auf den umliegenden Bergen reichen noch weit herunter. Die Hänge leuchten in frischem Grün, dazwischen immer wieder offenliegendes rotes Gestein. Ein gutes Gefühl, endlich den ewigen Ebenen entkommen zu sein und schlussendlich ins Gebirge einzutauchen.
Es ist nicht viel los auf der Straße. Immer wieder passiert man ein kleineres Dorf, man spürt deutlich, dass die Besiedelungsdichte rapide abnimmt. Ein Blick zurück erzeugt Unbehagen. Wieder einmal eine schwarze Wolkenfront hinter mir. Diesmal hat es aber den Anschein, als ob sie sich direkt in meine Richtung bewegt. Ein Zeltplatz ist in dieser Umgebung aber schwer zu finden. Es geht immer noch konstant bergab und das Gelände fällt neben der Straße steil ab. Eine Notlösung ist gottseidank schnell gefunden. Auf einer stillgelegten Parkbucht finde ich hinter einigen Betonblöcken einen ebenen Platz für mein Zelt. Nachdem ohnehin nur sehr wenig Verkehr auf der M41 herrscht, sollte die Nacht auch einigermaßen ruhig werden. Pünktlich nachdem das Zelt aufgestellt ist, fängt es auch schon an zu regnen. Gekocht wird heute zum ersten Mal im Zelt und nicht davor.

Tag 110 – 21.Mai

kurz vor Sicharob – kurz vor Uildara: 72km; 5:42h im Sattel; 12 – 29 Grad, wechselhaft / Regen
Camping

Unbewusst hatte ich meine gestrige Etappe nur wenige Kilometer vor dem Ende der Teerstraße beendet. Nach ein paar Minuten Fahrt begann die unbefestigte Strecke. Sand- und Schotterpassagen wechselten sich ab. Obwohl die Straße dem Fluss folgte, ging es konstant bergauf und bergab. Der Fluss war meist tief unterhalb der Straße. Wohl wegen der Regenfälle der letzten Tage führte der Fluß beachtlich viel Wasser. Man konnte das Pulsieren der Wassermassen gut vom Straßenrand aus beobachten.
An ein zügiges Vorankommen war heute nicht zu denken. Zwischendurch musste man sich immer wieder den Weg durch Schafherden bahnen, die nicht immer gewillt waren, den Weg freizugeben. Mit dem Rad konnte man sich relativ gut hindurchbewegen, für die Autos war streckenweise aber an ein Weiterkommen nicht zu denken.
Landschaftlich hatte es die heutige Etappe ganz schön in sich. Hinter fast jeder Biegung gab es was neues zu bestaunen. Gleich zu Beginn der Etappe konnte ich einer Handvoll Adler zusehen, wie sie hoch über meinem Kopf ihre Kreise zogen. Beim Ausblick auf die vor mir liegenden Bergketten musste ich immer wieder mal eine kurze Pause einlegen, um die Szenerie auf mich wirken zu lassen. Leider trübte das Wetter den Spaß ein wenig. Gegen Mittag begann es zu regnen. Gleichzeitig sank die Temperatur spürbar ab. Zum Glück hatte ich heute Morgen wieder in die langen Klamotten gewechselt. Immer wieder musste ich kleine Flussläufe queren. Anfangs lief das auch noch ganz gut, doch irgendwann war es dann soweit und ich musste mit beiden Füßen ins knietiefe Wasser, um einen Sturz zu vermeiden. Nun gut, jetzt gehts also mit nassen Schuhen weiter… Zum Glück gibts wasserdichte Socken, sodass die Füße zumindest trocken bleiben.
Das feuchte Wetter treibt Wasser von überall her in Richtung Fluss. Je nach Untergrund ist das Wasser mal tiefrot, mal milchig weiß, mal lehmig braun, oder stellenweise auch klar. Der Fluss donnert mit tiefrotem Wasser in Richtung Tal.
Die meiste Zeit ist man ziemlich alleine unterwegs. Autoverkehr gibt es kaum und nur selten trifft man auf Siedlungen. In einem Dorf blockieren die Kinder mit einer Menschenkette die Durchfahrt. Binnen Sekunden bin ich umringt von etwa 20 Kindern. Die Rufe nach “Balloon” werden laut. Offenbar hatten sie des öfteren von Radlern Luftballons bekommen. Als ich in meine Lenkertasche greife, um ebenfalls ein paar Ballons rauszuholen, wird mir die Tasche fast aus der Hand gerissen. Wie die wilden Tiere stürzen sich die Kinder auf die Ballons. Ob überhaupt ein einziger diese Aktion heil überstanden hat – ich weiß es nicht. Zum Glück kommt noch ein Erwachsener hinzu und die Situation beruhigt sich ein wenig. Es scheint so, als ob vor kurzem eine Vierergruppe in Richtung Pamir geradelt ist. Leider konnte ich nicht herausfinden, wann die Vier hier vorbeigekommen sind. Mal schauen, vielleicht treffe ich ja noch auf ein paar Radler.
Die wenigen Sonnenstunden am Nachmittag waren leider nur ein kurz währender Spaß. Gegen 18 Uhr begann es wieder ordentlich zu regnen. Zu allem Überfluss hatte ich bei der letzten Furt meine wasserdichten Socken ebenfalls unter Wasser gesetzt. Allzu lange wollte ich nicht mehr durch den strömenden Regen radeln. Zum Glück radelte ich gerade durch ein etwas flacheres Gelände, sodass ein Zeltplatz relativ schnell ausfindig gemacht werden konnte. Im Hintergrund ein kleiner Wasserfall, Das Zelt in Mitten von mannshohen Blumen, geschützt von kleinen Bäumen… eigentlich ein perfekter Ort, wenn da nicht der Regen wäre. Nachdem das Zelt stand, ließ der Regen dann auch wieder nach. Für mich aber nebensächlich, ich verkroch mich im Schlafsack, futterte die eben erstandenen Kekse und wärmte mich erst mal wieder auf.

Tag 111 – 22.Mai

kurz vor Uildara – Safedoron: 64km; 5:19h im Sattel; 17 – 29 Grad, sonnig
Camping

Der frühmorgendliche Blick aus dem Zelt war eher ernüchternd. Alles grau in grau bei ungemütlichen Temperaturen. Es gab keinen Grund zur Eile und schließlich brach die Sonne doch noch durch. Ich gönnte mir ein ausgiebiges Frühstück, ließ in der Zwischenzeit das Zelt und meine Socken in der Sonne trocknen und tankte selbst auch wieder etwas Morgensonne.
Die Straße war auf den ersten 20km in relativ gutem Zustand. Immer wieder gab es Abschnitte mit Resten einer Teerdecke und auch die Abschnitte mit Sandstraße waren ganz gut zu befahren. Zwischendurch aber immer wider mal Streckenabschnitte, die eher mit einer Cross-Strecke gleichzusetzen waren. Das Durchfahren der Furten auch jedes Mal eine kleine Herausforderung, vor allem weil man nie weiß, wie tief das Wasser wirklich ist. Kurz vor Mittag erreichte ich Tavildara, einen der größten Orte hier in der Gegend. Eine gute Gelegenheit, die Essensvorräte aufzustocken und gleichzeitig Mittagessen zu gehen. Ausserdem musste mal wieder getankt werden. Die einzige Tankstelle im Ort war aber nicht besetzt. Nun gut, dachte ich mir, dann muss ich eben auf später warten. Am Ortsausgang stand ein etwas älterer Tanklaster. Offenbar wurde die Tankstelle kurzerhand einfach an die Straße verlegt. Der Tankwart, ein etwa 10 jähriger Junge schöpfte mir mit großer Freude aus einem großen Fass Benzin in die Kocherflasche. Den Rückständen im Filter des großen Trichters zu urteilen, ist der Benzin nicht unbedingt von höchster Qualität. Zum Kochen sollte es aber allemal reichen.
Kurz darauf wurde ich mal wieder auf die Probe gestellt. Die Straße war praktisch nicht mehr auszumachen. Irgendwo zwischen den vielen Verzweigungen des Flusses musste sie verlaufen… Zu meinem Glück kamen gerade zwei Autos des Weges, somit hatte ich zumindest eine Vorstellung, wo ich etwa hin muss. Diesmal ging es aber barfuß durchs Wasser. Die vorderen Packtaschen verschwanden fast zur Gänze im Fluss, bei den hinteren hoffte ich, dass sie nicht zu tief unter Wasser geraten, weil sich in einer der Taschen heute Früh ein etwas aggressiver Hund verbissen hatte.
Ein paar Kilometer hinter Tavildara teilte sich die Straße. Zuerst führte die M41 über den Obikhingov und dann musste noch einer seiner Zuflüsse überquert werden. Nichts leichter als das, wenn da nur eine Brücke wäre. Vor einiger Zeit wurde offenbar die Brücke über den Nebenfluss weggespült. Also wieder mal Schuhe aus und versuchen, einen Weg durchs reißende Nass zu finden. Vom anderen Ufer her wurde ich durch den Fluss dirigiert. Der Herr auf der Gegenseite wartete mit seinem Opel darauf, dass ihn jemand ans andere Ufer schleppt. Nach einiger Zeit kam dann auch ein Lada mit Allrad vorbei, der ohne Probleme die Flussquerung meisterte. Was so leicht aussieht ist nicht unbedingt mit jedem Auto durchführbar. Der Opel schaffte es nicht einmal in die Nähe des Flusses, sondern blieb gleich im Kiesbett liegen. Nach viel Diskussion kehrte der Lada dann doch wieder um und schleppte den Opel ans andere Ufer.
Die Spur der vor mir fahrenden Radler wird immer wärmer. Seit einiger Zeit hatte ich schon Abdrücke von drei verschiedenen Reifenprofilen gesehen. Der Opel-Fahrer erzählte mir auch, dass heute schon vier Radler hier durchgekommen sind.
Zu meiner Freude ging es jetzt über einige Zeit relativ flach dahin. In Dushanbe hatten wir noch darüber gesprochen, dass der Pamir Highway eigentlich gar nicht so steil ist. Für mich zählte die M41 bis nach Khorug ebenfalls zum Pamir Highway, aber von “nicht so steil” kann nicht wirklich die Rede sein. Meist geht es mit 5 – 8 Prozent bergauf. Serpentinen gibts an sich keine, also immer schön gerade auf bergauf… Die Freude über die relativ gute Straße währte nur kurz.
Vor mir war eine Planierraupe im Schlamm steckengeblieben. Wegen der Regenfälle der letzten Tage musste die Straße freigeräumt werden. Doch auch schweres Gerät kommt irgendwann an seine Grenzen. Mit der Hand musste jetzt die Raupe vom Schlamm befreit werden. Zum Glück konnte ich mit meinem Gepäck an der Planierraupe vorbeiklettern. Was mich dahinter allerdings erwartete war kein großer Spaß. Im knöcheltiefen Schlamm war an ein Fahren nicht zu denken. Mit aller Kraft stemmte ich Rad samt Gepäck Meter für Meter voran. Körperlich war ich schon an der Belastungsgrenze bevor ich bei der festgefahrenen Raupe angelangt war. Was jetzt folgte war pure Schinderei. Doch jede Qual hat auch einmal ihr Ende. Ich war auf über 2000m angelangt und passierte die ersten Schneefelder. Im Schmelzwasser gönnte ich dann dem Rad eine kurze Zwischenreinigung und weiter gings bergauf. Anfangs dachte ich noch, ich könnte die vier vor mir fahrenden vielleicht noch einholen, nachdem man mir bei der Planierraupe erklärt hatte, dass die vier vor gut einer Stunde vorbeigekommen sind. Schlussendlich beschloss ich dann aber, den Pass heute nicht mehr in Angriff zu nehmen. Es sind noch gut über 1000 Höhenmeter. Bei den Straßenverhältnissen dauert das noch gut zwei Stunden und bis dahin wird es schon fast dunkel. Das Zelt wird diesmal wieder direkt neben der Straße aufgestellt. Vor dem Verkehr muss ich mir keine Sorgen machen. Heute sind mir den ganzen Tag über nur etwa 10 Autos begegnet.
Die Szenerie in der man sich hier bewegt ist einfach atemberaubend. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist aber relativ hoch. Jeder Meter bergauf muss erkämpft werden. Vermutlich wäre die Strecke auch ohne Gepäck eine Herausforderung, mit dem vollbeladenen Rad sich die Schotterpiste emporzuquälen ist dann nochmal eine Zugabe. Trotz alle dem zahlt sich die Mühe aus. Für morgen steht also mein erster 3000er an. Danach gehts offenbar primär bergab. Ich lasse mich überraschen.

Tag 112 – 23.Mai

Safedoron – Ruzvai: 55km; 4:13h im Sattel; 17 – 28 Grad, Sonne
Camping

Der Ort in dessen Nähe ich mein Nachtlager aufgeschlagen hatte, erinnerte mich an das Bild, das man von Bergdörfern in den Alpen hat. Verstreut ein paar einzelne Gehöfte, dazwischen viel Wiesen. Auffallend viele Pferde grasen hier auf den Wiesen. Kühe und Schafe sind meinem Erachten nach gar nicht so viele zu sehen. kann aber auch sein, dass sie alle auf der Weide sind. Als ich gestern Abend noch einen kurzen Blick aus dem Zelt geworfen habe, ist mir aufgefallen, dass um 21 Uhr in keinem einzigen Haus mehr Licht brannte. Offenbar geht man hier recht früh ins Bett. Das Leben hier in dieser Region stelle ich mir nicht besonders leicht vor. Im Winter, oder nach starken Regenfällen ist man total abgeschnitten, aber auch bei guter Witterung ist der Weg ins nächste Dorf beschwerlich. Auf 2500m sieht man trotzdem noch relativ viele Felder. Aus der Ferne lässt sich leider nicht erkennen, was hier angebaut wird. Die Hügel leuchten schachbrettartig in unterschiedlichen Grünfärbungen.
Apropos beschwerlich… die letzten 800 Höhenmeter hatten es noch einmal in sich. Mit fast durchgehend 5 – 7% Steigung ging es die Schotterstraße empor, vorbei an mannshohen Schneeresten neben der Straße. Es scheint, als ob Mitte Mai wirklich die beste Zeit ist, den Pass zu befahren. Ein paar Wochen vorher ist vermutlich noch alles zugeschneit.
Meter um Meter kämpfe ich mich nach Oben. Als ich bei etwa 3000m angekommen bin, erblicke ich in der Ferne zwei Radler. Kurz bin ich dazu verleitet, das Tempo ein wenig zu erhöhen, um zu ihnen aufschließen zu können, besinne mich dann aber doch etwas besseren und klettere weiter langsam bergauf. Auf dem Gipfel treffe ich dann auf Jonah und Franzi aus Deutschland. Die Welt ist wirklich klein… Gayle und John hatten mir in Bukhara schon von dem deutschen Pärchen erzählt. Sie waren gemeinsam durch Turkmenistan geradelt. Nun habe ich zu den Beiden aufgeschlossen. Die andern zwei Radler waren Simon und Bazil, mit denen ich im Iran gemeinsam gefahren bin. Die zwei hatten sich gestern nach der Schlammschlacht von Jonah und Franzi getrennt. Offenbar haben sie ein wenig Zeitdruck mit ihrem Visum. Ob ich die zwei auf dem Weg noch einmal treffe ist ungewiss. Jonah und Franzi hatten in Indien beschlossen, mit dem Rad in die Mongolei zu radeln und hatten sich dann dort ihre Ausrüstung zusammengestellt. Soweit kommen sie ganz gut zurecht, auch wenn die Ausrüstung hie und da ein wenig Probleme macht.
Mein erster 3000er mit dem Rad! 3252m um genau zu sein… Auf dem Gipfel weht ein frischer Wind und der uns umgebende Schnee tut sein Übriges dazu, dass man sich nicht allzu lange aufhält. Es steht eine nicht enden wollende Abfahrt bevor. Von einem Moment auf den anderen ändert sich die Landschaft. War die Umgebung beim Anstieg noch geprägt von relativ weichen Hügeln, zeigt sich der Berg nun von seiner rauen Seite. Wir folgen einem reißenden Gebirgsbach, dessen klares Wasser tosend in Richtung Tal donnert. Immer wieder verschwindet der Bach unter gewaltigen Schneefeldern, die sich noch über dem Flussbett befinden. Die Straße ist in erstaunlich gutem Zustand, sodass es relativ flott bergab geht. So langsam wird es wärmer und der Duft von Bergkräutern steigt einem in die Nase. Immer wieder muss ich anhalten um einerseits meinen Händen vom konstanten Bremsen eine Erholungspause zu gönnen und andererseits die Landschaft in Ruhe aufnehmen zu können. Die Passstraße schlängelt sich steil in Richtung Tal hinab, die Berghänge sind plötzlich in saftiges Grün getaucht und vom Schnee ist auch nicht mehr viel zu sehen. Von oben brennt die Sonne wieder wie gewohnt auf uns herab.
Während der Abfahrt reißt der Mantel von Jonahs Hinterrad. Dem steinigen Untergrund sind die indischen Mäntel offenbar nicht gewachsen. Die etwas längere Zwangspause wird gleich mal dazu genutzt, die restlichen Gemüsevorräte zu einem leckeren Salat zu verarbeiten. In der Zwischenzeit repariert Jonah Mantel und Schlauch notdürftig. Alle Hoffnung liegt auf dem nächsten Ort, um dort einen Ersatzmantel zu kaufen. Kurz nachdem wir wieder aufgebrochen sind, muss ich noch eine kurze Pause einlegen, um eine alte Klebestelle am Hinterrad zu erneuern. Der Vulkanisierungskleber funktioniert offenbar bei großer Hitze nicht sonderlich gut. Der Flicken, den ich mir damals in der Wüste aufgezogen habe, löste sich schon wieder teilweise vom Mantel. Bin gespannt, wie weit ich diesmal mit den chinesischen Flicken komme.
Aber nicht nur wir haben Probleme mit den Reifen. Wir passieren eine Gruppe Männer, die gerade dabei ist, das Antriebsrad der Kette einer großen Raupe zu reparieren. Für die drei bedeutet das natürlich weit mehr Arbeit, als bei unseren Rädern. Mit den Raupen werden die Reste des Winters von der Straße geschoben. Stellenweise wird dadurch aber auch der noch existierende Asphalt ebenfalls beiseite geschoben…
Als wir den Checkpoint durchfahren, erkundigen wir uns kurz nach Simon und Bazil. Die Beiden sind mal wieder sehr früh aufgestanden. Offenbar hatten sie es gestern noch über den Pass geschafft und waren bereits um kurz nach 8 Uhr am Checkpoint.
Nach und nach nimmt das Gefälle des Flusses ab. Wir nähern uns den ersten Dörfern. Unser Ziel liegt aber noch ein paar Kilometer vor uns. Qalai-Khumb scheint der einzige größere Ort hier in der Gegend zu sein. Dort hofft Jonah, Ersatz für seinen defekten Mantel zu finden. Zur Überraschung aller findet sich dann im Ortszentrum auch wirklich ein bestens sortierter “Fahrradladen”. In einem kleinen Kiosk wird praktisch alles verkauft, was zum reparieren von Fahrrädern benötigt wird. Auch 28 Zoll Mäntel finden sich im Lager. Jonah nutzt die Gelegenheit und kauft gleich drei davon. Auch neue Bremsbeläge müssen her, seine Beläge waren nach der Abfahrt bereits bis aufs Metall abgefahren.
Die Essensvorräte werden im Supermarkt aufgestockt während Jonah sein Rad wieder auf Vordermann bringt. Auch hier bin ich total überrascht von der Auswahl an Produkten im Supermarkt. Ich hatte gedacht, dass die letzte gute Gelegenheit zum Einkaufen in Dushanbe war. Da hätte ich durchaus etwas Gewicht einsparen können und hier noch einmal alles aufstocken können.
Ich beschließe, den heutigen Abend noch mit Jonah und Franzi zu verbringen und somit begeben wir uns langsam auf Zeltplatzsuche. Die Straße verläuft parallel am Grenzfluss zu Afghanistan. Das Nachbarland nur einen Steinwurf entfernt…
Eine kleine Sandbucht scheint uns der perfekte Ort, um den landschaftlich beeindruckenden Tag ausklingen lassen zu können. Im Fluss werden die Lehm- und Schweißverkrusteten Klamotten gewaschen und noch schnell zum Trocknen in die Sonne gelegt. Die letzten Tage hatten es ziemlich in sich aber dafür wurde man auch mit einzigartigen Landschaftsbildern belohnt. Ab jetzt folgt die Straße konstant dem Flusslauf. Großartige Anstiege sind also nicht mehr zu erwarten. Aber man weiß ja nie…