27. – 30.Juni

4 Ruhetage in Bishkek
Kilometerstand: 10.889km
Warmshower / Camping

Bishkek, die Hauptstadt von Kirgistan hatte bei der Stadteinfahrt einen sehr dörflichen Eindruck hinterlassen. Die Stadt ist sehr grün und nicht sonderlich dicht bebaut. Nur im direkten Zentrum ist das Verkehrsaufkommen etwas stärker, ansonsten hat man stets das Gefühl, sich nur in einem größeren Ort aufzuhalten, Hauptstadtfeeling bekommt man nicht sofort… Um die Stadt ein wenig besser kennen zu lernen bleiben mir aber eh noch ein paar Tage. Gleich zu Beginn versuche ich, die meisten Punkte meiner auf meiner Erledigungsliste abzuarbeiten. Nach einem gemütlichen Frühstück mache ich mich gemeinsam mit Enzo auf den Weg, um das chinesische Visum zu beantragen. Als Adresse Nr. 1 für das chinesische Visum gilt die Agentur von Mrs. Liu. Ich war schon im Vorfeld mit der Agentur im Kontakt und wollte zu Beginn das Visum auch hier in Auftrag geben, mir kam die ganze Sache aber ein wenig zu streng vor. Unterwegs hatte ich von einer zweiten Agentur in Bishkek erfahren, die offenbar bis auf den Reisepass und die Passbilder keine Anforderungen stellt. Also versuchten wir unser Glück erst mal bei der Agentur BAIMA. Nachdem in der Agentur keiner English sprach versuchten wir mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Russisch die notwendigen Informationen zu erhalten. Offenbar wird die Beantragung in einem anderen Büro durchgeführt. Wir fuhren auf gut Glück zu der uns angegebenen Adresse und klopften an einer unscheinbaren Tür. Keine Firmenaufschrift, kein Briefkasten, nichts was irgendwie an eine Agentur erinnern könnte. Aber einmal drin lief alles wie am Schnürchen. Die Registrierung in Osh hatte sich ausgezahlt. Enzo hatte damals auch noch versucht, sich zu registrieren, hatte aber keinen Erfolg. Jetzt muss er für die Registrierung durch die Agentur 30 Dollar hinlegen. Ich habe in Osh etwas mehr als 2 Dollar bezahlt. Wir hinterlegen unsere Pässe und gehen erst mal Fotos machen. Die Chinesen sind bei den Visafotos besonders streng, was für die Fotografen relativ viel Photoshop-Arbeit bedeutet. Ganz rasch wird ein Bild geschossen und dann der Rest im Computer zurechtgerückt. Mit der Realität hat das Bild nur noch ansatzweise etwas zu tun, aber wenn es so gewünscht wird…
In einer Woche können wir die Pässe wieder abholen. So wie es aussieht, läuft die Visabeschaffung hier wirklich sehr einfach ab.
Punkt zwei und drei meiner Liste sind auch gleich abgearbeitet. Auf den Rat von Spaska radle ich zu einem großen Elektronikkaufhaus, erhalte dort eine Adresse eines Kameramechanikers und kann mir gleich noch eine externe Batterie kaufen, nachdem meine nun in dieser Woche den Geist aufgegeben hat. Der Kameramechaniker scheint relativ kompetent zu sein. In dem kleinen Zimmer in das man durch eine kleine Luke hineinschauen kann, stapeln sich die Kameras bis zur Decke. So wie es aussieht, wird hier nichts anderes gemacht, als Kameras zu reparieren. Drei Tage später kann ich die frisch gereinigte Kamera wieder in Empfang nehmen. Ich hoffe, dass die Reparatur diesmal etwas nachhaltiger war.
Wieder zurück bei Nathan erhalte ich eine Nachricht von Laura, die ich an der Grenze zu Uzbekistan und danach noch einmal in Bukhara getroffen habe. Sie hatte uns vorgestern vom Bus aus in Richtung Bishkek radeln gesehen. Noch am selben Abend treffen wir uns auf einen Drink in der Stadt. Osh ist Nachts recht dunkel. Nur die Hauptverkehrsstraßen sind beleuchtet und manche Strecken meidet man demnach bei Dunkelheit. Ich begleite Laura noch zu ihrem Hostel und treffe dort auf Michael, der in zwei Tagen nach Deutschland zurückfliegt. Für mich die perfekte Gelegenheit, meinen Zweitpass und den Antrag für das russische Visum kostengünstig und schnell nach Deutschland zu schicken.
Der erste Tag in Bishkek – viel Organisation, aber auch viel Erfolg… Jetzt kann ich mich erst einmal erholen!
Es kündigen sich ein paar sehr heiße Tage an. In den frühen Morgenstunden kann man sich noch gut bewegen, aber schon bald kann man sich nur noch im Schatten aufhalten. Auch ohne sich zu bewegen fließt der Schweiß in Strömen. Das neu gekaufte Plantschbecken sorgt zumindest temporär für Abkühlung. Ansonsten verbringe ich die meiste Zeit damit, Mails zu schreiben und im Internet zu recherchieren. Für die Beantragung des Russischen Visums muss ich jetzt schon angeben, wann ich ins Land einreise. Nicht leicht zu sagen, nachdem bis dorthin noch einiges passieren wird. Trotz alledem muss eruiert werden, wie und wo man von China nach Korea und von Korea nach Russland kommt. Der Fahrplan für die nächsten drei Monate wird aufgestellt. Von China aus habe ich vier verschiedene Möglichkeiten um nach Korea einzureisen. Je nachdem, wann ich in Peking ankomme werde ich den entsprechenden Hafen für die Fähre wählen. Ich kann entweder von Tianjin, Qinghuandao, Yingkou oder Dndoung nach Incheon fahren. Von Korea nach Russland gibt es nicht viel Auswahl, als einziger Hafen kommt Sokcho in Frage. Die meisten Fähren verkehren zweimal die Woche, ein bisschen Timing ist also nötig, um die Gültigkeit des Visums im Auge zu behalten.
Jona beschäftigt sich seit dem ersten Tag in Bishkek mit der Instandsetzung der Räder. Stellenweise sieht es wirklich nicht gut aus für ihr weiteres Fortkommen. Das größte Problem stellen die Laufräder da. Sie sind mit 28Zoll Rädern in Indien gestartet, hier in Bishkek sind aber 28Zoll Felgen nirgendwo aufzutreiben. Nach langem Hin und Her stellt sich aber heraus, dass die 29Zoll Felgen hier exakt gleich groß sind wie die 28Zoll Felgen aus Indien. 28Zoll und 29Zoll ist hier also baugleich… Ein Lichtblick – die Chancen stehen jetzt wieder gut, dass die Räder wieder fit werden. Mein Rad lasse ich momentan noch unberührt. Ein wenig Pflege ist auf alle Fälle noch notwendig, aber nachdem ich ohnehin eine Woche warten muss, kann ich das auch auf später verschieben.
Das Fahrrad spielt im Moment eine sehr untergeordnete Rolle. Dank des guten Wetters kommt schnell richtiges Urlaubsfeeling auf. Man beginnt den Tag mit einem ausgedehnten Frühstück und lässt alles andere recht gemütlich angehen.
Schon 150 Tage unterwegs. die Zeit vergeht wie im Flug. Was zu Beginn der Reise noch völlig unvorstellbar war, wird jetzt praktisch zum Alltag. Zeit- und Raumgefühl habe ich schon lange verloren. Wochentage haben eigentlich nur noch bei Behördengängen Bedeutung. Im Regelfall wird jeden Tag woanders übernachtet, es geht konstant in Richtung Osten. Immer dann, wenn man sich ein paar Tage am selben Ort aufhält, kann man ein wenig rekapitulieren. Eine herrliche Reise bisher und die Vorfreude auf das, was noch vor mir liegt wächst mit jedem Tag. Die letzten Tage als “Reisegruppe” waren eine willkommene Abwechslung, aber jetzt wird es auch wieder Zeit, alleine weiterzureisen und den Fokus auf Land und Leute wieder auf den eigenen Rhythmus abzustimmen. Doch im Moment machen wir noch Gruppenurlaub.
Die Hitze in der Stadt wird langsam unerträglich. Spaska und Angie schlagen vor, für zwei Tage in die Berge zu flüchten. Nur wenige Kilometer von Bishkek entfernt liegen bereits die ersten schneebedeckten Berge. Der Gedanke scheint verlockend, ein bisschen Wandern zu gehen…
Enzo beglückt uns alle mit ausgezeichneter Pasta nach italienischer Art und wir schmieden Pläne für die kommenden Tage. Guancho, den wir in Osh kennengelernt hatten ist nun auch zu uns gestoßen und wird uns auch zum Wandern begleiten. Es stehen verschiedene Optionen zur Wahl, aber im Grunde ist jede Variante willkommen, solange man ein wenig Abkühlung erhält.