Tag 113 – 24.Mai

Ruzvai – Shodak: 67km; 4:31h im Sattel; 23 – 29 Grad, Sonne
Camping

…man weiß ja nie… Der heutige Tag sollte eine gewaltige Wendung für die ganze Reise darstellen. Vieles, worauf ich mich die letzten Wochen gefreut / vorbereitet hatte muss jetzt neu überdacht werden. Aber erst mal der Reihe nach:
Nach einem ausgedehnten Frühstück am Sandstrand mit Blick auf Afghanistan starten wir gemütlich die neue Tagesetappe. Nach gut 5km gabs für mich mal wieder eine Zwangspause. Die Montageschraube des hinteren Gepäckträgers war abgerissen. Kann sein, dass die doch erhebliche Zuladung wegen der schlechten Lebensmittelversorgung ein wenig zu viel für den Gepäckträger war. Die schlechten Straßenverhältnisse tragen sicherlich auch dazu bei, dass das Material irgendwann aufgibt. Zum Glück verfügt das Rad über zwei Befestigungslöcher, sodass der Gepäckträger ummontiert werden konnte.
Die Straße war heute in erstaunlich gutem Zustand. Wir fuhren immer wieder auf längeren Stücken Asphalt, aber die Freude darüber währte nie lange. Glatte Asphaltabschnitte enden oft abrupt in einer schwer zu befahrenden Schotterpiste. Sonderlich flott kam man daher nicht voran. Aber das beunruhigte auch keinen von uns. Bis Khorug hatten wir noch drei Tage eingeplant, dazu sind täglich nur 80km nötig.
Der PKW-Verkehr war heute erstaunlich stark. Aus Richtung Khorug kamen uns ständig vollbeladene Jeeps mit Diplomaten- / Regierungskennzeichen entgegen. Während unserer Mittagspause erfuhren wir dann von einem Amerikaner, der kurz anhielt, dass sämtliche NGOs ihre Mitarbeiter aus Khorug abziehen. Es ist offenbar zu gröberen Unruhen gekommen. So ganz genau wussten wir aber auch nicht was los war. Wir machten uns nicht weiter Sorgen, nachdem uns die entgegenkommenden Autos stets freundlich grüßten schien es kein gröberes Problem zu geben.
Auf der gegenüberliegenden Seite sieht man immer wieder größere Gruppen von Afghanen zu Fuß von einem Dorf zum nächsten zu gehen. Ein eigenartiges Gefühl, derart nahe an einem Land zu sein, von dem man nicht wirklich viel weiß. Mit Afghanistan verbinde ich bis heute primär Krieg und Drogengeschäfte. Aber in Wirklichkeit sind die Leute am anderen Ufer wohl genauso nett, wie auf der hiesigen Seite. Ein merklicher Unterschied besteht in der Architektur. Während wir auf der tajikischen Seite durch Dörfer radeln, die primär aus Steinhäusern bestehen, bestehen die Dörfer auf der afghanischen Seite größtenteils aus Lehmhäusern mit Flachdächern. Nachdem der Fluss offenbar stark anschwellen kann, sind die Dörfer auf beiden Seiten weit über dem Flussbett situiert. Die Berghänge steigen steil an, aber trotzdem sieht man in großer Höhe noch Anzeichen von Feldern. Die lauten Rufe von Eseln sind von beiden Seiten zu vernehmen. Ein Leben auf zwei Flussseiten, das vermutlich auf jeder Seite sehr ähnlich aussieht, trotzdem werden die beiden Seiten wohl auch noch länger isoliert für sich weiterexistieren.ä
Nach der Mittagspause am Fluss fuhren wir gemütlich weiter. Nach gut 10km war dann aber Schluss. Ein vor kurzem aufgestellter Kontrollposten verweigerte uns die Weiterfahrt. Khorug ist offenbar abgeriegelt und die Straße dorthin ist für Ausländer gesperrt. Anfangs wussten wir nicht so recht, wie uns geschieht. Der Polizeibeamte lümmelte auf der Wiese in seinem Metallbett und lachte uns süffisant an. Erst einmal setzten wir uns zu den Polizisten und warteten ab. Als eine Gruppe NGO-Mitarbeiter beim Checkpoint Halt machte, fragten wir einen der Beifahrer, wie die Lage in Khorug sei.
Vor drei Tagen sind Unruhen ausgebrochen. Das Polizeigebäude wurde bombardiert und es gab bereits drei Tote. Seiner Einschätzung nach kann sich diese Situation über längere Zeit hinziehen. Er und seine Familie wurden am Freitag aus Khorug in ein Nachbardorf evakuiert und durften nicht einmal mehr zurück in die Stadt, um weitere persönliche Dinge zu holen. Gemeinsam mit Freunden sind sie nun auf dem Weg nach Dushanbe. Wir gehen kurz alle Möglichkeiten durch und müssen feststellen, dass kein Weg mehr ins Pamir-Gebirge führt. Alle Straßen verlaufen über Khorug. Der einzige Ausweg wäre das Batang-Valley gewesen, aber das ist angeblich wegen eines großen Erdrutsches unpassierbar.
Für uns sind das natürlich extrem schlechte Nachrichten. Abgesehen davon, dass es natürlich traurig ist, dass in Khorug gekämpft wird, bedeutet es für uns, dass wir den selben Weg zurück müssen, den wir gekommen sind. Es gibt nicht viele Möglichkeiten von Tajikistan nach Kirgistan zu kommen. Ein Weg führt direkt nach Kirgistan, wobei wir nicht sicher sind, ob die Grenze passierbar ist. Bei allen anderen Wegen benötigen wir ein Visum für Uzbekistan, weil die Straße durch das Staatengewirr von Tajikistan, Kirgistan und Uzbekistan führt.
Geknickt und frustriert treten wir den Rückweg an. Es ist immer ein sehr trauriges Gefühl, den erkämpften Weg wieder zurückfahren zu müssen. Vor allem mit dem Wissen,den härtesten Pass der ganzen Pamir-Region erneut überqueren zu müssen. Die Informationslage ist momentan recht schlecht. Handyempfang gibt es hier im Tal keinen, wir müssen hoffen, in Qualai-Khumb Zugang zu Telefon / Intenet zu bekommen. Es muss abgeklärt werden, welche Route gefahren werden kann und wie mit den eventuell erforderlichen Visa verfahren werden muss.
Die Stimmung ist entsprechend gedrückt, als wir wieder flussabwärts radeln. So groß war die Vorfreude auf das Pamir-Gebirge und jetzt ist alles dahin…
Tragisch auch für Tyson und Hanne, bzw. Gayle und John. Sie sind vermutlich alle schon auf dem Weg und wissen davon nichts. Ob es Simon und Bazil bis nach Khorug geschafft haben, wissen wir auch nicht. Wenn die Beiden auch umdrehen müssen, stehen sie vor einem ernsten Problem, weil sie nur noch wenige Tage Zeit haben, um nach China einzureisen…
Wenn man in Zentralasien unterwegs ist, muss man mit allem rechnen. Auch damit, dass ganze Regionen von einem Tag auf den anderen nicht mehr passierbar sind. Nun musste ich das leider am eigenen Leib erfahren.
Kopf hoch, es werden sich dafür wieder andere Möglichkeiten auftun. Jetzt quälen wir uns erst mal wieder in das bereits bekannte Tal zurück. Hoffentlich ist der Schlamm schon etwas aufgetrocknet…

Tag 114 – 25.Mai

Shodak – Check Point Sagirdasht Pass: 53km; 3:52h im Sattel; 20 – 29 Grad, Sonne
Camping

Die Enttäuschung, den Pamir nicht fahren zu können hing heute Morgen noch deutlich in der Luft, aber so nach und nach hatte sich jeder mit der neuen Situation abgefunden. Bis nach Dushanbe wollen wir aber nicht mehr zurückfahren. Als einzige Option kristallisiert sich das Petri Akum Tal heraus. Wenn wir dem Fluss Surhob fogen, kommen wir zur Grenze nach Kirgistan. Offen bleibt immer noch, ob wir dann über die Grenze dürfen, oder ob die Grenze dort zu ist. Nachdem es sich offenbar aber um die einzige Grenze neben dem Pamir Highway handelt, gehe ich davon aus, dass wir dort durchkommen.
Es geht also wieder zurück nach Qalai Khumb. Auf der Afghanischen Seite schein heute großer Teppichwaschtag zu sein. Immer wieder sieht man riesengroße Teppiche neben dem Fluss zum Trocknen ausgelegt. In dunklen Rottönen leuchten die Teppiche zu uns herüber. Wir pedalieren nun dem Fluss folgend bergab. Zu unserem Glück ist gerade der Streckenabschnitt bis Qalai Khumb in relativ gutem Zustand, sodass wir bereits am frühen Nachmittag im Ort ankommen. Die Fahrt zurück ist interessanter als gedacht. Immer wieder kommen bekannte Bilder in den Kopf, doch dann wundere ich mich auch wieder über völlig neue Perspektiven, die die Rückfahrt bietet. Mit jedem Meter arrangiere ich mich mehr mit der neuen Situation. Es ist ein relativ langsamer Prozess, aber jetzt kann ich der Alternativroute durchaus auch schon wieder etwas abgewinnen.
Kurz vor Qalai Khumb platzt Jonas Hinterreifen. Der erst vor zwei Tagen erstandene Mantel hatte den Straßenverhältnissen nicht standgehalten. Kein gutes Zeichen für die kommenden Tage. Immerhin hatte er drei Mäntel gekauft. Der defekte Mantel soll aber trotzdem noch umgetauscht werden. Auch bei mir gibts wieder mal Ermüdungserscheinungen. Nach Tagen auf Holperpisten bricht mein Flaschenhalter. Ich denke, dass ich damit aber noch weiterfahren kann. Die chinesischen Flicken sind auch nicht unbedingt die zuverlässigsten. Wieder einmal muss ich einen Flicken erneuern. Eieiei… mit derart viel Flick-Aktionen hatte ich wirklich nicht gerechnet. Gut, dass wir in Qalai Khumb alle Zeit der Welt haben.
Auf der Polizeiwache kann man uns nicht wirklich Auskunft geben, wie die Situation in Khorug aussieht. Nachmittags scheint die Lage sich aber so darzustellen, als ob in Bälde damit zu rechnen ist, dass die Straße nach Khorug wieder freigegeben wird. Wir wissen nun auch nicht, wie es weitergehen soll. Ein paar Tage warten, oder einfach auf direktem Weg in Richtung Kirgistan weiterreisen?
Während ich meine chinesischen Flicken austausche, steht plötzlich Simon, einer der beiden Franzosen, vor mir. Er und Bazil hatten es bis kurz vor Khorug geschafft, mussten dann aber auch zurück. Sie fahren jetzt mit einem LKW bis Dushanbe und nehmen dann dasselbe Tal, das wir auch im Kopf haben. Für die Beiden tut es mir wirklich leid, dass sie es nicht bis auf den Pamir geschafft hatten.
Trotz Sonntag schafft es Jonah den Besitzer des Fahrradkiosks aufzutreiben und noch einen Mantel zu kaufen. Internet ist im ganzen Ort leider nicht aufzutreiben. Wir beschließen heute noch die ersten 10km des Passes zu fahren und beim Check-Point zu übernachten. Vielleicht wissen die Soldaten dort ja mehr, ob man morgen wieder nach Khorug kann, oder nicht. Ein Funkten Hoffnung schwebt noch in der Luft.
Schwerbeladen mit Essensvorräten für die nächsten 3 Tage gehts wieder steil bergauf. Kurz vor dem Check Point dann wieder ein Platten… Diese chinesischen Flicken machen mich noch wahnsinnig!
Die Grenzsoldaten bieten uns bereitwillig einen traumhaften Platz zum Zelten an. Einer der diensthabenden Soldaten freut sich besonders über unsere Gesellschaft. Erstmal erzählt er uns die ganze Geschichte über den Stützpunkt hier und was sie den ganzen Tag so treiben und dann dreht er noch ein paar Runden mit meinem Rad. Während wir unser Abendessen vorbereiten kommt er dann noch mit einer frischen Kanne Tee vorbei. Wirklich ein herziger Typ.
Das Zelt wird direkt neben dem Fluss aufgeschlagen, dem wir jetzt bis zur Passhöhe folgen werden. Das eiskalte Wasser kühlt auch die Umgebungsluft deutlich ab. Wir sind nur 10km von Qalai Khumb entfernt und doch ist es gleich empfindlich kälter.
Weder Hanne und Tyson, noch Gayle und John sind in den letzten Tagen durch den Check Point geradelt. Vielleicht treffen wir sie ja noch, wenn wir den Pass zurückfahren. Aber vielleicht ändert sich morgen ja auch wieder alles?

Tag 115 – 26.Mai

Check Point Sagirdasht Pass – Safederon: 38km; 4:13h im Sattel; 14 – 32 Grad, Sonne
Camping

Heute musste eine Entscheidung getroffen werden. Entweder es geht zurück über den Sagirdasht Pass, oder wir drehen wieder um in Richtung Khorug. Dazu bräuchten wir aber Gewissheit, ob die Straße nach Khurog wieder freigegeben ist. Immer wieder erklärten wir unserem neu gewonnenen Freund beim Checkpoint die Lage. So nach und nach hatte er dann auch verstanden, worum es uns ging und griff zum Telefon. Offenbar stellte er auch die richtigen Fragen. Zumindest kamen die Schlagwörter Tourist, Fahrrad, Deutsche, Khorug und Dushanbe vor. Nach 5min kam dann der Rückruf von seinem Vorgesetzten. So wie es aussieht ist die Straße nach Khorug für Einheimische bereits wieder freigegeben. Ausländer dürfen aber noch nicht durch die Checkpoints. Da hilft es auch nicht, wenn wir mit einem LKW mitfahren, weil bei jedem Checkpoint die Ausweise kontrolliert werden. Momentan wird davon gesprochen, dass Ausländer in drei Tagen wieder durch dürfen.
Zumindest haben wir jetzt mal eine Information mit der man was anfangen kann. Also entweder drei Tage hier sitzen und warten, oder gleich wieder aufs Rad… Schlussendlich war uns die Wartezeit zu riskant. Drei Tage klingt noch ein wenig vage. Kann zwar gut sein, dass in drei Tagen alles wieder geklärt ist, kann aber auch sein, dass Ausländer erst wieder in einer Woche weiter dürfen.
Also wieder über den Pass… Vom Höhenprofil ist der Sagirdasht Pass der härteste Pass im Pamir Gebiet. Innerhalb von weniger als 30km geht es vom Checkpoint aus über 1500m steil bergauf. Zu unserem Glück gibt es auf dieser Seite stellenweise Asphalt. Trotzdem wurde es eine ziemliche Schinderei. Wir hatten aber keinen Zeitdruck und konnten so den Anstieg so gemütlich als es die Umstände zuließen, in Angriff nehmen.
Beim Checkpoint hatte man uns schon ins Herz geschlossen. Immer wieder fragte man uns, ob wir nicht doch noch ein paar Tage hier bleiben möchten. Aber Warten und nicht wissen, was wirklich kommt ist keine gute Alternative.
Ganz ohne Pannen verlief der heutige Tag auch nicht. Kurz vor der Mittagspause platzte Franzis Hinterrad, kurz vor dem Gipfel scheuerte das Felgenband bei meinem Hinterrad wieder einmal ein Loch in den Reifen, bei der Abfahrt riss Franzis Schutzblech ab und mein Schlauch platzte bei einer Klebestelle erneut auf. So langsam gewöhnt man sich an die immer häufiger werdenden Zwangspausen.
Das Gute ist, wir haben alle Zeit der Welt. Die neue Route führt uns auf relativ kurzem Weg aus Tajikistan heraus. Geplant wäre gewesen, Tajikistan Mitte Juni zu verlassen, jetzt wird es wohl eher Anfang Juli werden.
Jeder von uns war überglücklich, nach hartem Kampf die Passhöhe endlich erreicht zu haben. Um halb sieben standen wir zum zweiten Mal auf 3252m Höhe. Bis wir dann aber den Zeltplatz erreicht hatten, den Franzi und Jonah beim Anstieg bereits gewählt hatten, war die Sonne schon hinter der Gebirgskette verschwunden. Nicht einmal 40km hatten wir heute erradelt und trotzdem war jeder von uns fix und fertig. Nicht jeder kann behaupten, den Sagirdasht Pass von beiden Seiten befahren zu haben. Zu unserer Überraschung sind uns aber auch heute keine Radler entgegengekommen. Eigentlich hatte ich fest damit gerechnet jemanden zu treffen. Mag sein, dass sie bereits im Vorfeld bei einem Checkpoint aufgehalten worden sind.

Tag 116 – 27.Mai

Safederon – KM 14 auf der M41: 77km; 4:48h im Sattel; 18 – 32 Grad, Sonne
Camping

Die gestrige Kletterpartie steckte uns allen noch ein wenig in den Knochen. Der Start in den Tag verlief dementsprechend langsam. An den Rädern mussten diverse Ausbesserungsarbeiten durchgeführt werden. Ich versuchte zum Beispiel das Felgenband des Hinterrades mit Isolierband zu überkleben. Mit etwas Glück kann ich so die jetzt schon fast regelmäßigen Platten verhindern. Die Räder von Jonah und Franzi haben in den letzten Tagen auch schon deutlich Federn gelassen. Kabelbinder und Klebeband sind momentan das zuverlässigste Reparaturmittel. Die vielen Defekte wirken sich bei uns allen schon ein wenig auf die Stimmung aus. Mit derart viel Reparaturen hätte ich im Vorfeld beim besten Willen nicht gerechnet. Ich hoffe, dass die Straßen in Kirgistan ein wenig besser werden, ansonsten habe ich meine Bedenken, dass ich mit das Rad in einem Stück bis nach Wladiwostok bringe.
Das gute Wetter der letzten Tage hatte zu unserem Glück die Schlammpassage zur Gänze aufgetrocknet. Wo man vor ein paar Tagen noch das Rad unter Aufbietung der letzten Kräfte durch den Schlamm ziehen musste, konnte man heute ganz gemütlich über die eingetrocknete Lehmpiste ruckeln. Auch die meisten Flussquerungen stellten heute kein großes Hindernis mehr dar. Ein paar Tage schönes Wetter hatten genügt um dem Zubringer zum Sagirdasht Pass den Schrecken zu nehmen.
Kurz vor Tavildara musste ich noch einmal meinen Hinterreifen flicken und das, obwohl ich das Felgenband überklebt hatte. Jetzt packte ich aber den noch unbenutzten Schlauch aus. Vielleicht habe ich damit ja mehr Glück. Ausgehungert kamen wir dann am frühen Nachmittag in Tavildara an und steuerten zielstrebig das kleine Lokal an, in dem ich schon beim Hochfahren gegessen hatte. Auch diesmal gab es wurde wieder vorzüglichst gekocht. Wenn ich hier wohnen würde, wäre dies wohl schon längst mein Stammlokal geworden…
Jonah und Franzi beschlossen, sich heute ein wenig Erholung zu gönnen und dazu, wie schon beim Hochfahren, im örtlichen Hotel einzuchecken. Ich überlegte ebenfalls lange hin und her, entschied mich dann aber dazu, alleine weiterzufahren. Mit etwas Glück treffe ich dann noch auf Simon und Bazil. Wieder einmal war es kein leichter Abschied, aber irgendwann kommt eben der Moment, an dem sich die Wege wieder trennen. Ich hoffe nur, dass die beiden mit ihrem Material zumindest noch bis Kirgistan kommen, um dort wieder ein Update durchführen zu können. Die neu gekauften Mäntel machen keinen allzu guten Eindruck.
Nachdem die Packtasche wieder aufgefüllt war, ging es noch ein paar Kilometer flussabwärts. Leider nicht ganz ohne Panne. Ach der neue Schlauch bekam nach 10km ein Loch auf der Felgeninnenseite. Jetzt weiß ich auch nicht mehr weiter… Bei der nächsten Gelegenheit muss ich mir einen Ersatzschlauch besorgen. Meine beiden Ersatzschläuche sind jetzt schon im Einsatz und es steht noch einiges an Strecke vor mir. Es musste auch mal wieder eine Niete der Packtasche durch eine Schraube ersetzt werden. Das macht mir aber weniger Sorgen, weil so langsam schon keine Nieten mehr in den Taschen sind. Die Schrauben sollten die Holperei ohne Probleme überstehen.
Es geht vorbei an meinem bereits bekannten Zeltplatz. Man erkennt viele Stellen wieder und weiß teilweise schon im Vorfeld, was hinter der nächsten Kurve wartet, trotzdem ist es irgendwie ein anderes Bild. Immerhin scheint heute die Sonne und letztes Mal war Regen angesagt. Ab morgen geht es dann wieder in ein neues Tal. Bin gespannt, was mich dann erwartet.

Tag 117 – 28.Mai

KM 14 auf der M41 – kurz hinter Tajikabad: 103km; 4:56h im Sattel; 20 – 31 Grad, Sonne
Camping

Gerade als ich Kaftaguzar, das Dorf in welchem ich bei der Hinfahrt den Kindern Luftballons geschenkt hatte, hinter mir gelassen hatte hörte ich aufgeregte Rufe hinter mir. Anfangs dachte ich, es ist das übliche “hello, hello, hello” der Kinder, das man in jedem Dorf hört, doch dann blickte ich mich doch noch um und sah Tyson wie wild rufen und winken. Wieder einmal hätte ich Tyson und Hanne um ein Haar verpasst. Sie waren bis zur Flussquerung hinter Tavildara gekommen und mussten dann umkehren. Jetzt fahren sie wieder nach Dushanbe und warten ein wenig ab. Ihr Visum läuft ja noch relativ lange, weil sie ein 45 Tage Visum haben. Allerdings sind sie auch ein wenig skeptisch. Vor zwei Jahren gab es einen ähnlichen Zwischenfall in Khorug und damals war der Pamir für fast die ganze Saison gesperrt. Informationen sind für sie aber auch schwer zu erlangen, daher versuchen sie in Dushanbe verlässliche Auskünfte zu bekommen. Nachdem wir uns gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht hatten, ging es für mich wieder weiter. Eine der vielen Flussquerungen hatte ich wohl zu schnell genommen, da sich durch das Schütteln der Spanngummi der vorderen Packtasche in den Speichen verfing und prompt abriss. Wieder ein neuer Defekt auf der schon relativ langen Liste. Zum Glück konnte ich die Befestigung am Nachmittag während einer erneuten Reifenpanne wieder reparieren.
Beim Checkpoint angekommen hoffte ich auf Auskunft wann / ob die beiden Franzosen durchgekommen sind. Der Diensthabende Beamte war aber nicht sonderlich motiviert und hatte auch keine Lust, in seinem Buch nachzulesen. Nun gut, dann eben nicht…
Die Straße in Richtung Grenze empfing mich gleich mal mit allerfeinstem Asphalt. Nach den paar Tagen auf den Rüttelpisten eine richtige Wohltat. In der Karte ist die Straße als Nebenstraße markiert, die M41 allerdings als Hauptverkehrsstraße. Hier sollten eventuell mal die Karten überarbeitet werden. Das neue Tal war überraschend grün. Saftige Wiesen, viele Bäume und viel Landwirtschaft zu beiden Seiten der Straße. In einem unsagbar großem Flussbett schlängelt sich mit vielen Verzweigungen der Fluss in Richtung Tal. Zu beiden Seiten wird das Flusstal von einigen schneebedeckten 3000ern gerahmt. Man fährt von einem kleinen Dorf ins nächste. Auf der gesamten Strecke gibt es kaum noch Streckenabschnitte die nicht bewohnt sind. Irgendwie ein ungewohnter, aber auch ein willkommener Kontrast zur menschenleeren Gegend in Richtung Pamir.
Dank Asphalt, leichtem Rückenwind und moderater Steigung komme ich heute mal wieder recht flott voran. Auf der schlagloch-freien Asphaltstraße macht es wieder richtig Spaß zügig durch die Landschaft zu pedalieren. Viel ist nicht los auf der Straße, aber seit Neuestem hupen die Autofahrer auch wieder.
Es wirkt so, als ob die Gegend, durch die ich heute radle ein wenig wohlhabender ist. Die Autos sind neuer, die Häuser größer und die Straßenränder sind gepflegt. Unterwegs treffe ich immer wieder auf Jugendliche die gar nicht mal so schlecht Englisch sprechen. In Gharm gibt es sogar eine Universität an der Englisch unterrichtet wird. Die meisten hatten von den Vorfällen in Khorug gehört, groß scheint das Interesse aber nicht zu sein. Als ich davon erzähle, dass die Stadt für Tajiken bereits wieder frei ist, Ausländer aber noch nicht rein dürfen, werde ich gleich mal darüber aufgeklärt, dass in Khorug keine Tajiken, sonder Pamir-Bewohner leben. Offenbar ist der Autonomiestatus doch recht stark ausgeprägt. Schade, dass ich mir davon nicht selbst ein Bild machen konnte.
Es bleibt aber weiterhin spannend… als ich gerade meine Wasservorräte an einer Quelle auffülle, komme ich mit einem älteren Herrn ins “Gespräch”. Er meint, dass es momentan Schwierigkeiten an der Grenze zu Kirgistan gibt. Offenbar gibt es in Kirgistan auch irgendwelche Unruhen. Von Tyson hatte ich die Info bekommen, dass die Grenze, die ich jetzt ansteuere zumindest wieder für Touristen geöffnet wird, da dies momentan der einzige Weg raus aus Tajikistan ist. Aber verlässlich weiß man es wohl erst, wenn ich dort bin. Ich hoffe mal, dass sich die Wogen wieder geglättet haben, bis ich die Grenze erreiche.