Tag 154/155 – 04. / 05.Juli
Bishkek: 2 Erholungstage
Warmshower / Camping
Das Wort Muskelkater erhält nach den zurückliegenden Wandertagen eine ganz neue Bedeutung. Ich bin nicht der Einzige der sichtbare Schwierigkeiten beim Gehen hat. Die Waden und Oberschenkel brennen ordentlich und ich bin froh, dass Nathans Haus keinen ersten Stock hat. Auf meiner gesamten Tour mit dem Rad hatte ich keine gravierenden Probleme mit Muskelkater, aber die drei Tage Wandern hatten mich ordentlich ramponiert. Zu meinem Glück spürt man den Muskelkater aber beim Radfahren kaum, sodass ich guter Dinge bin, in zwei Tagen wieder auf der Straße sein zu können.
Es ist Freitag und ich versuche noch einmal mein Glück, Teile meiner Ausrüstung wieder in Schuss zu bringen. Die Kameralinse hatte nach dem Reinigen auf der Innenseite Staub angesetzt und sollte eigentlich noch einmal gereinigt werden. Leider nimmt diese Arbeit 2-3 Tage in Anspruch, sodass ich diesmal darauf verzichte. Das bisher so hoch gelobte Vorderlicht hat nach einigen Regenfahrten nun ganz den Geist aufgegeben. Ersatzteile hierzu zu bekommen ist in Asien mehr als schwierig. Ich bin trotzdem einmal mit dem Hersteller in Kontakt getreten, vielleicht lässt sich ja was arrangieren. Für die kommenden Wochen steht aber erst mal keine Nachtfahrt mehr an.
Nach einer Woche Wartezeit kann ich wie versprochen um 13 Uhr mein Chinesisches Visum in Empfang nehmen. 100 Dollar wechseln den Besitzer und ich habe nun drei Monate Zeit, um nach China einzureisen. Zum Glück hatte ich meine Registrierung bereits in Osh durchgeführt. Die Agentur hat für Enzo das Registrieren übernommen, ihm dafür aber 30 Dollar abgeknöpft. Ich habe selber ca. 2,50 Dollar in Osh bezahlt.
Jetzt war ich schon fast eine Woche in Bishkek und hatte mir bisher die Stadt noch nicht wirklich angeschaut. Alle Wege waren organisatorischer Natur. Mit dem frischen Visum in der Hand drehte ich nun also eine Runde durchs Stadtzentrum und ließ die teils imposanten Kulturbauten auf mich wirken. Ich bin überrascht, wieviele Museen, Theater, Kinos etc. es hier gibt. Hauptstadtfeeling kommt dennoch keines auf. Das, was mich momentan an größeren Städten am meisten fasziniert ist die Tatsache, dass man wieder eine große Auswahl an Supermärkten hat. Gerade hier in Bishkek ist die Auswahl sehr groß. Erstaunlich, wieviele deutsche Produkte hier in den Regalen stehen.
Dass ich nun den europäischen Einflussbereich verlasse, lässt sich an der Netzzugänglichkeit des Handys ablesen. Zu Beginn der Reise hatte ich mir extra ein Telefon mit weltweiter Netzabdeckung zugelegt, doch nun stehe ich vor dem Problem, dass sowohl der deutsche, als auch der österreichische Handybetreiber keine Roaminverträge mit den Ländern vor Ort abgeschlossen hat. Das bedeutet, dass man nicht ins lokale Netz hineingelassen wird. Internetbanking per mobile TAN ist nun also nicht mehr möglich. Um weiterhin Telefonempfang zu haben, muss jetzt auf die örtlichen SIM Karten ausweichen.
Ursprünglich wollte ich ja direkt nachdem ich das Chinesische Visum in Empfang genommen habe wieder aufbrechen. Ein Tag Ruhe ist aber noch zwingend erforderlich und so beschließe ich, erst am Sonntag aufzubrechen. Samstag ist ein guter Tag, um das Rad noch einmal zu servicieren. Der Schaltzug wird getauscht, nachdem die Packtaschen den Bowdenzug aufgescheuert hatten und dieser nun schon zu rosten begann. Kassette, Umwerfer und sämtliche Ketten werden gründlich gereinigt und neu geölt. Die überstehende Schraube vom Gepäckträger wird um zwei Millimeter gekürzt, sodass ich mich jetzt wieder über alle 9 Ritzel freuen kann. Nathan stellt diverses Werkzeug und Reinigungsutensilien zur Verfügung, so macht Fahrradservice wirklich Spaß.
Jona und Franzi können ihre Fahrradtour nun doch fortsetzen. Zwei neue Laufräder wurden organisiert, am Bazar Schläuche und Mantel gekauft. Nathan hatte in den Tagen in denen wir beim Wandern waren ein Laufrad umgespeicht und so sind die Räder zumindest von den Laufrädern her wieder voll einsatzfähig. Die Beiden wollen länger als 30 Tage in der Mongolei bleiben und waren bisher davon ausgegangen, dass sie sich dazu in Almaty ein Visum beantragen müssen. Nun haben sie aber von der Botschaft die Auskunft bekommen, dass man bis zu 60 Tagen ohne Visum im Land sein kann, man muss sich lediglich nach der Einreise registrieren lassen und kann dann nach Ablauf der 30 visafreien Tage um weitere 30 Tage verlängern. Das spart ihnen nun eine Woche Wartezeit in Almaty und auch einiges an Geld.
Der Zeltplatz leert sich nun also langsam wieder. Enzo und Guancho bleiben noch etwas länger. Enzo muss noch sein Visum für Kasachstan beantragen und Guancho weiß noch nicht so wirklich, wo er als nächstes hinfährt.
Am Nachmittag kommt aber schon wieder “Nachschub”. Ein amerikanisches Radlerpaar hatte sich schon vor einiger Zeit angekündigt. Die Beiden werden für einige Zeit in Bishkek bleiben um einerseits Russisch zu lernen und andererseits Klettern zu gehen. Ich habe jetzt schon von vielen Leuten gehört, die nach Bishkek kommen um Russisch zu lernen. So wie es aussieht sind die Sprachschulen hier etwas billiger und die Lebenshaltungskosten sind ebenfalls weitaus geringer als z.B. in Russland.
Bisher hatten wir fast jeden Abend für die ganze Gruppe gekocht. Für den letzten Abend fühlte ich mich verantwortlich und besorgte im bestens sortierten Supermarkt um die “Ecke” feinste Zutaten für köstliches Ofengemüse. Für die Fleischliebhaber unter uns gab es sogar noch etwas Lammfleisch obendrauf, wobei das leider etwas zäh war.
Man muss sich direkt ein wenig überwinden, Nathans Unterkunft wieder zu verlassen, aber um ehrlich zu sein – es juckt schon wieder unter den Fußsohlen, ich muss wieder aufs Rad. Lange genug nicht mehr gefahren, jetzt heißt es Aufbruch in Richtung Osten. Es geht zum Ysyk Köl See, von dort aus nach Kasachstan, dann kurz noch einmal zurück nach Almaty und dann zeigt der Kompass wieder konstant nach Osten, bis ich das Meer erreiche…
Bin schon gespannt, was Kasachstan zu bieten hat. Anfangs hatte ich nur eine Transitfahrt von Kirgistan nach China im Kopf, aber aufgrund der Größe des Landes wollte ich zumindest eine Woche in Kasachstan sein. Ich lasse mich überraschen was kommt, aber vorerst gehts mal zum zweitgrößten Bergsee der Welt. Tiefster Punkt bei unglaublichen 670m. Vielleicht kann ich ja sogar einen Badetag einlegen.
Auf Wiedersehen Bishkek, es wird Zeit weiterzureisen!
2 Responses to Tag 154 / 155: Wunden lecken
Hallo Daniel….
Liebe Grüsse aus dem immer mal wieder heissen Wien…. es ist grad Sommer mit baden möglich.. die Kinder sind lustig aber schwitzen wie kleine Sch******rl vor lauter schwül und heiss….
Schön wie du vorran kommst… bin schon gespannt was du in zukuinft über china sagst…. erzählungen von befreundeten reisenden waren sehr gespalten… selber war uns china mitn vw-bus doch zu teuer….
unsere tadjikistan wanderung die überall mit 2 leichten tagesetappen beschrieben war hat sich für uns europäische weicheier auch als kräftezehrende 3 tages mörderwandertour herausgestellt….landschaftlich ein hochgenuss mit 6000 – 7000ern im blickfeld aber körperlich ist uns sicher so ergangen wie euch, inklusive bei finsterniss irgendwie einen bus ergattern und schaun das wir heim (was in unserem fall der bus war) kommen und ins bett fallen….ich glaub die zentralasiatischen leut sind beim wandern etwas mehr gewöhnt als unsereins….
schönes rasten und radln…
bis bald
seppinger und familie….
servus ins hoffentlich brütend heiße wien!
wandern ist hier in zentralasien ja nicht unbedingt volkssport nr 1, die meisten lokals, also hirten, oder nomaden sind aber primär per pferd unterwegs und das bringt einem überall hin.
bin auf alle fälle froh, wieder meinen eigenen drahtesel unter dem hintern zu haben und genieße die erholungsphasen beim bergabfahren!
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