Tag 3
Györ – Budapest: 130km, 6:20h im Sattel, 3-5 Grad, Sonne
Die Nacht im Hotel hatte sich bezahlt gemacht. Nach einem kaiserlichen Frühstück konnte ich die erste 100km+ Strecke in Angriff nehmen. Das Wetter schien es heute gut mit mir zu meinen. Strahlender Sonnenschein machte den Start zu einem Kinderspiel.
Nach einigen Kilometern auf der Bundesstraße beschloss ich wieder einmal auf den offiziellen Radweg, den Euro Velo 6 auszuweichen. Doch schon nach kurzem wurde ich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Wie in der Fahrschule gelernt, sind Brücken im Winter gefährdet für Glatteis. Gottseidank ging die Kollision mit der Seitenleitschiene glimpflich aus. Nach dem Schreck beschloss ich wieder auf der Bundesstraße zu bleiben, auch wenn der Verkehr ziemlich massiv war. Offensichtlich ist der Euro Velo im Winter wirklich nicht gut zu befahren.
Und so pflügte ich mich Kilometer für Kilometer durch das Ungarische Hinterland. Alles wurde zum Verkauf angeboten… Häuser, Autos, Felder, Wiesen, Fabriken… fragt sich nur, wer dort kaufen will.
Auffallend ist, dass trotz des starken Verkehrs sehr viele Menschen mit dem Fahrrad oder dem Bus unterwegs sind. Die Einkommensschere ist hier sehr deutlich zu spüren, da kaum alte Autos zu sehen sind. Wenn, dann wird man von nagelneuen Mercedes, BMW, VWs, etc. überholt.
Trotzdem schön zu sehen, dass das Fahrrad hier auf dem Land wirklich noch eine Bedeutung, bzw. eine Notwendigkeit besitzt.
Trotz Sonnenschein war die Strecke nicht sehr reizvoll. Die Donau bekam ich dann auch nur ein einziges Mal zu Gesicht. Wäre gerne länger an der Donau entlanggeradelt, aber das lies das Eis nicht zu.
Im Dorfwirtshaus irgendwo zwischen Györ und Budapest stärkte ich mich in Mitten von 30 Schulkindern mit einer köstlichen Gulaschsuppe. Das Wirtshaus fungiert hier offensichtlich als Schulkantine. Als ich wieder aufs Rad stieg, kam der nächste Schwung Kinder.
Die Kilometer schmolzen nur langsam dahin. Leichter Gegenwind und eine kaum spürbare Steigung ließen das Rad kaum laufen. Kurz vor Budapest stellte sich mir dann auch noch ein Bergrücken in den Weg, der mit letzter Kraft bezwungen wurde. Dafür konnte ich die letzten 15km bis in die Stadt genießen. Pünktlich vor Dämmerungsbeginn erreichte ich die Stadt. Im Hostel musste ich mich aber erst mal eine Stunde aufs Ohr legen. Das Gewicht des Rades macht mir noch zu schaffen.
Tag 4
Budapest – Kecskemét: 90km; 4:45h im Sattel; 1-4 Grad; Sonne
Kurz hatte ich überlegt, eine Tag in Budapest zu bleiben, entschied mich aber aufgrund der Nähe zu Wien dann doch fürs Weiterfahren. Wenn ich zurück bin, gönne ich mir ein schönes Thermenwochenende…
Also gings wieder weiter. Die feuchte Witterung hatte der Kette schon etwas zugesetzt. Ein paar Tropfen Öl stellten den Hausfrieden wieder her.
Im Hostel hatte ich mir die Route kurz angeschaut und für besonders simpel erachtet. Immer der B5 entlang und dann auf dei B51 wechseln…
Nach ca. 45km kam mir aber der Sonnenstand etwas komisch vor und siehe da… die Abzweigung zur B51 hatte ich übersehen. Vielleicht hat es aber auch so sein sollen. Die Donau lasse ich also momentan rechts liegen. Von Szeged (nächstes Etappenziel) soll es dann nach Novi Sad gehen. Dort habe ich mir bei Warmshowers bereits eine Unterkunft vorreserviert.
Einziger Wehrmutstropfen ist jetzt, dass ich den Abstecher nach Kroatien nicht machen kann. Im Dreiländereck wollte ich ursprünglich auch über Kroatien fahren. Aber vielleicht ist es ja Schicksal. Der Donauradweg ist aktuell ja kaum zu befahren. Also warum nicht auf direktem Weg nach Belgrad.
Mir wird bewusst, dass ich meinem Plan etwas hinterherhänge, ein paar kyrillische Buchstaben zu lernen. Mit dem Ungarischen tue ich mir auch noch etwas schwer.
Schlussendlich war ich froh, mein ungeplantes Etappenziel zeitig erreicht zu haben. Konditionell war ich schon etwas am Boden. Entweder zu viel Sonne, oder zu viel Fahrtwind, oder oder oder. Auf alle Fälle blieb ich auf dem Hotelbett liegen und versuchte mich zu erholen.
Nachdem mir der Rezeptionist die hauseigene Waschmaschine angeboten hatte, beschloss ich, meine Radlklamotten bereits zum ersten Mal einem Generalservice zu unterziehen.
Mit dem Tablet habe ich seit Györ begonnen, die gefahrene Strecke zu “tracken”. Leider lässt sich die kml Datei nicht in die Cloud übertragen, sonst könnte ich die Strecke auf der Karte zeigen. Das muss also warten, bis wieder ein herkömmlicher PC verwendet wird.
Ich hoffe, bis morgen wieder zu Kräften gekommen zu sein. In Belgrad nehme ich mir mal 2 Tage frei…
16 Responses to Tag 3-4 – Geplante und ungeplante Strecken
Hallo Daniel,
“ist auch der Pfad unendlich, brich auf und tritt ihn an!
Bloß in die Ferne blicken schickt sich nicht für den Mann.
Wag dran dein Herz, dein Leben, bewältige den Pfad!
Wie tierhaft ist ein Leben nur in des Körpers Bann!” (Dschalaluddin Rumi)
dies hab ich auf der ersten Seite deines Buches “Samarkand” gelesen, das ich gestern erstmals in die Hand nahm, um etwas den Hintergrund deiner Reise zu verstehen. Ich hab das Buch dann gleich wieder geschlossen… vielleicht bin ich heut bereit, gestern konnte ich noch nicht weiterlesen. Ich wünsch deinem Körper und Geist gutes Durchhalten.
Na, das trifft den Nagel ja auf den Kopf…
Ich gebe mein bestes, um den Pfad zu beschreiten.
Lass dir ruhig Zeit mit dem Buch. Bis ich dort bin, wo der Schmöker handelt, vergeht noch etwas Zeit.
Lieber Daniel!
Ich freu mich für Dich, dass Du jetzt endlich auf Achse bist. Ich mag Deinen Schreibstil und werde Dich bis ans Ende Deiner Reise als treuer Leser begleiten.
Liebe Grüße,
Thibaut
Hallo Thibaut
Freut mich, von dir zu hören. Ich würde mich freuen, wenn du den Trip mitverfolgst.
Und weißt eh… Bin jederzeit offen für kritische Anmerkungen (Rechtschreibung ausgenommen).
Hey Daniel,
uns wird grad nochmal gemütlicher und wärmer (zugedeckt auf der Couch liegend), wenn wir von deinen Entbehrungen lesen…
Lieber Daniel,
Mama hat mir den Link von Deiner langen Reise geschickt. Ich werde da regelmäßig reinschauen und lesen wie es Dir geht. Ich drücke Dir ganz fest die Daumen,daß alles so klappt wie Du es Dir vorstellst.
Liebe Grüße
von Deiner Oma-Nachbarin
Ingrid und liebe Grüße auch von Leo
thibaut hat recht. ich verfolge den blog auch sehr gern und finde, dass das eine feine lektüre ist. auch die fotos passen perfekt und untermalen die story. mach ein buch aus dem kleinen Wochenendausflug 🙂
lieber daniel, jetzt bist du tatsächlich schon unterwegs. spitze. super, und durch den blog ist man auch so bisschen mit dabei. noch besser. bis demnächst und alles gute, martin
Ganz grosses Kino, grosser Bruder! Durch deinen Blog hab ich neben der SZ auch noch was tolles zu lesen 😀
stay warm!
Hallo Daniel, heut hab ich deinen Blog mal angeschaut, bei uns kommt der Frühling, bei dir sind die Temperaturen hoffentlich auch bald im zweistelligen Bereich. Wir fahren wie gewohnt am Donnerstag zum Schwimmen und reden über dich (nur Gutes). Ich drück dir die Daumen und wünsch dir angenehme Unterkünfte.
Hast das Szegediner Gulasch probiert? Das ist ja mit Sauerkraut, hoffentlich räumts dich nicht durch!!
serwas,
bin mir jetzt ned sicher, ob das hier rein passt, aber vielleicht schadet ein kurzer schwenk zu einem anderen thema nicht:
gestern is da overall angekommen – ein wahres relikt aus unseren anfängen und noch dazu a top-marke;-)
jetzt kann a kommen der bad taste ski-day!
lg in den osten und wir sehen uns dann in istanbul zu einem gepflegten herrengedeck!
die erste waschmaschine… was fuer ein glueck – bei beidseitiger verwendung reichen also die drei mitgebrachten unterhosen fuer eine weitere woche ;)! liebe gruesze aus der heimat. e
Hi Daniel,
alter Schwede kann man ja nicht ganz sagen, junger Serbe würde da jetzt schon besser passen. Hoffe die weitere Fahrt auf deinem Draht ” Esel” ist nicht mehr ganz so Energieraubend wie du teilweise schreibst. Denke mal Ihr Zwei müsst euch auch ein bisschern besser kennenlernen. Lass dich auf keinen Fall mehr abschmeißen. Vergiß bei der nächtlichen Ensprannungsphase nicht ein oder zwei wohltuende Hopfenwasserl zu dir zu nehmen um wieder zu niederbayrischen Kräften zu kommen. Wünsch dir weiter viel Freude und Spaß und wenn`s auch mal nicht so läuft dann denke immer daran ” Und ist der Berg auch noch so steil, ab bisserl woas geht olaweil!”
An Gschmeidigen Gruß aus Satzbach
Mane und Liese
a bissl wos geht imma, do gib i da auf alle fälle recht. i werd ma des beim nächstn anstieg zu herzen nehmen!
lieber daniel, am tag deiner abreise ist unser Sohn Ruben auf die welt gekommen. somit auch für uns ein unvergessliches Datum.
pass auf dich auf, nicht zu schnell fahren. wenn du tipps für Beijing (bis dahin ist noch bisl zeit, ich weiß) brauchst, schreib ich dir gern ein mail.
lg
Alma, Dani und Ruben
na, das sind ja freudige neuigkeiten. ganz herzlichen glückwunsch von meiner seite! ich hoffe, es geht euch dreien gut. bin gespannt, was ruben zu erzählen hat, wenn ich wieder da bin…
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